Vor inzwischen 12 Jahren habe ich ein kleines schwarzes Büchlein geschrieben: Denkwerkzeuge der Kreativität und Innovation. Wie so oft bei Buchveröffentlichungen, bin ich erst einmal von einigen Verlagen abgelehnt worden, weil es ja schon so viele Bücher zu Kreativitätstechniken gäbe.
Nun im Jahr 2025 liegt das Buch in der 12. überarbeiteten Auflage vor und hat über 40000 Exemplare verkauft.
Viele der Leser sind Praktiker, z.B. Workshopmoderatoren, Trainer und Projektleiter, die das Buch als Inspiration für ihre Arbeit nutzen.
Im Buch stelle ich knapp 60 Denkwerkzeuge oder Kreativitätstechniken vor und zwar solche, die mir in meinem knapp 20 Jahren als Moderator für Innovationsworkshops und Workshops der kreativen Problemlösung Mehrwert gebracht haben. Es geht um Techniken, die ich regelmäßig verwende.
Mit diesem Auftakt einer Serie von Artikeln möchte ich in Form von Auszügen aus meinem Buch (zum Download) zentrale Kreativitätstechniken kurz vorstellen und meine Impressionen nach knapp 20 Jahren Nutzung schildern. In diesem ersten Artikel möchte ich außerdem etwas Kontext zum Einstieg geben.
Was sind Kreativitätstechniken?
In meinem Buch spreche ich von Denkwerkzeugen und nicht „nur“ von Kreativitätstechniken.
Ich verwende die beiden Begriffe hier im Artikel synonym. Ganz korrekt ist das nicht.
„Ein Denkwerkzeug ist eine strukturierte Strategie, die das Denken eines Individuums oder einer Gruppe bewusst fokussiert, organisiert und leitet.
Die bekannten Kreativitätstechniken sind damit eine Untergruppe von Denkwerkzeugen, die besonders auf die Ideenentwicklung und Ideenauswahl abzielen. Wie wir bereits bei der Vorstellung der Prozessmodelle der Kreativität gesehen haben, gibt es sowohl vor als auch nach der Ideenentwicklung wichtige weitere Schritte, die unerlässlich sind, damit am Ende ein kreatives Ergebnis herauskommt.“
Kreativitätstechniken helfen also mit einer Struktur dabei kreativ zu sein und Probleme auf kreative Art und Weise zu lösen.
In einem solchen Prozess der kreativen Problemlösung gibt es dabei besonders zu Beginn Schritte, die sich gar nicht nach Kreativität anfühlen, sondern ziemlich analytisch sind. Daher ist der Begriff Denkwerkzeuge grundsätzlich passender, weil ein Denkwerkzeug breite Einsatzmöglichkeit hat. Der Fokus von Kreativitätstechniken ist dabei meist auf der Ideenentwicklung.
Wann nutze ich welche Kreativtechniken?
In meinem Buch habe ich die Denkwerkzeuge danach sortiert, wann in einem kreativen Problemlöseprozess diese sinnvoll zum Einsatz kommen.
Vereinfacht gesagt, kann man Kreativitätstechniken in zwei Logiken ordnen.
- Nach der „Art des Denkens“
- Nach den jeweiligen Schritten innerhalb eines kreativen Problemlöseprozesses
Kreativitätstechniken für verschiedene Arten des Denkens
Die Kreativitätsforschung unterscheidet verschiedene Arten des Denkens, die in kreativen Problemlöseprozessen relevant sind. Für diese verschiedenen Arten des Denkens kann man sich und Gruppen dann mit entsprechenden Denkwerkzeugen oder Kreativitätstechniken unterstützen.
Dazu findet ihr einen PDF Auszug aus dem entsprechenden Buchkapitel zur Einführung. Einfach auf den Link klicken.
Serie Kreativitätstechniken – Arten des Denkens
Kreativitätstechniken im Rahmen von kreativen Problemlöseprozessen
Es gibt einige Prozessmodell der systematischen Kreativität, die den gesamten kreativen Problemlöseprozess beschreiben und Nutzern eine Orientierung bieten. Vereinfacht gesagt unterscheidet man in Phasen wie Problem verstehen und definieren, Ideen entwicklen, Lösungen entwickeln und Handlungsschritte ableiten.
Bekannte Prozessmodelle sind dabei Creative Problem Solving, Design Thinking und Systematic Creative Thinking. Die Visualisierungen haben ich unten stehend eingebunden.
Diese Prozessmodell bieten ebenfalls eine Orientierung, in welchem Schritt sich welche Kreativitätstechnik anbietet. D.h. wann und wo eine Kreativitätstechnik den größten Mehrwert bietet.
Wir von creaffective arbeiten in den meisten unserer Innovationsworkshops und Kreativitätstrainings mit dem Systematic Creative Thinking Vorgehen. Es verbindet die beiden Modelle Creative Problem Solving und Design Thinking und ist damit am flexibelsten nutzebar.
Übersicht der Kreativitätstechniken
In meinem Buch stelle ich eine ganze Menge an Kreativitätstechniken vor. Eine Kurzübersicht liefere ich hier.
Ich werde in regelmäßigen Abständen ein Denkwerkzeug vorstellen in einem eigenen Artikel detaillierter vorstellen und die Links zu den einzelnen Artikeln hier aktualisieren. Zu jedem Artikel gibt es dann auch das entsprechende Kapital aus meinem Buch als PDF zum Download.
Die Sortierung erfolgt nun wie in meinem Buch anhand der Schritte im Systematic Creative Thinking Modell.
Kreatvitätstechniken zum „Vision formulieren“
- Treiberzusammenfassung: Hilft dabei einen Handlungsanlass zu formulieren, so dass im nächsten Schritt damit weitergearbeitet werden kann und dieser besprechbar wird.
- Wunschdenken: Dient dazu allgemein über Wünsche, Ziele und Herausforderungen nachzudenken, die jetzt oder für die Zukunft relevant sind.
- OMIPC: Kriterien, um aus einer Liste möglicher Themen die aussichtsreichsten auszuwählen und so sicherzustellen, dass Themen bearbeitet werden, die danach eine realistische Chance auf Umsetzung haben.
- Zeitungsartikel aus der Zukunft: Beschreibt einen imaginären Artikel in einer bekannten Zeitung in der Zukunft, wenn das Ziel bereits erreicht bzw. das Problem gelöst ist. Hilft sich die Vision besser vorzustellen.
- Storyboarding: Ein visuelles Denkwerkzeug, das dabei hilft, ein lebendiges Bild eines Ziels zu erstellen. Es berücksichtigt dabei auch den Weg zum
Ziel und mögliche Stolpersteine auf dem Weg. - Erfolgszonen: Zur der Priorisierung von Wünschen, Zielen und Herausforderungen hilft, die dann mit einem kreativen Vorgehen bearbeitet werden können.
- DRIVE: Hilft dabei, Kriterien zu identifizieren und zu definieren, anhand derer ein Erfolg erkannt werden kann.
Kreatvitätstechniken zum „Situation einschätzen“
- 6Ws: Unterstützt dabei, eine grundlegende Übersicht über die mit einer Herausforderung verbundenen Daten zu erhalten.
- Status-Quo-Diagramm: Ein diagnostisches Werkzeug, das dabei unterstützt, die Qualität des Status Quo im Vergleich zu einem idealen Zustand anhand einiger Schlüsselkriterien darzustellen.
- Ressourcenanalyse: Hilft dabei, einen Überblick über zur Verfügung stehende und nutzbare Ressourcen zu bekommen, die für die Ideenentwicklung als Input zur Problemlösung genutzt werden könnten.
- Beobachtungsleitfaden: Dient als Grundstruktur und Rahmen für Nutzerbeobachtungen. Diese „Beobachtungen“ können in Form von reinen Beobachtungen statt finden oder aber auch in Form von Interviews und anderen Interaktionen.
- Semantische Analyse: Ein einfaches Mittel, um innerhalb eines Teams oder einer Workshopgruppe schnell ein gemeinsames Verständnis einer Aufgabenstellung zu entwickeln und Wissenslücken aufzudecken.
- Storytelling: Hilft einer Gruppe, nach erfolgten Beobachtungen eine gemeinsame Wissensbasis über einzelne Beobachtungen zu erlangen.
Kreatvitätstechniken zum „Herausforderungen formulieren“
- Framework-Visualisierung: Eine grafische Darstellung der Kernprobleme und des größeren Zusammenhangs, in den die Kernprobleme eingebettet sind.
- Personas: können in nutzerzentrierten Innovationsprozessen dabei helfen, die Kernstoßrichtungen für Innovation fest zu legen.
- Standpunktformulierung: Fasst in einem Satz die Kerneinsichten zu und Bedürfnisse von gefundenen Personas zusammen.
- Fragenstarter: ermöglicht einen positiven, lösungsorientierten Blick auf Herausforderungen, indem diese als offene Fragen formuliert werden.
- Netz der Abstraktion: Hilft dabei, ein Problem sowohl von abstrakten als auch von handlungsorientierten Perspektiven her zu betrachten.
- SWOT-Analyse: Nutzbar, um eine Situation hinsichtlich positiver und negativer Aspekte und zeitlich hinsichtlich momentaner und zukünftiger Aspekte zu betrachten.
- Komponentenanalyse: hilft dabei, eine Fragestellung in verschiedene Abstraktionsebenen aufzuteilen und die richtige Abstraktionsebene zur Betrachtung eines Problems auszuwählen.
- Kraftfeldanalyse: Hilft die positiven und negativen Kräfte einer Herausforderung zu identifizieren und damit zu einer besseren Definition der Kernfragen zu gelangen, die gelöst werden müssen, um ein Ziel zu erreichen.
Kreatvitätstechniken zum „Ideen erkunden“
- Brainstorming: Brainstorming ist eine 1953 von Alex Osborn entwickelte Gruppenmethode. Ziel dieses divergierenden Denkwerkzeugs ist es, Lösungen für ein spezifisches Problem zu finden, indem Ideen angehäuft werden.
- Brainwriting oder 6-3-5-Methode: stumme Brainstormingtechnik, bei der jeder Teilnehmer individuell Zeit hat, einige Ideen festzuhalten und auf den Gedanken anderer aufzubauen.
- Die Verrückte-Ideen-Frage ist ein sehr simples Vorgehen, das es Menschen erleichtert, ihre normalen „Denkbeschränkugen“ bewusst zu durchbrechen.
- Morphologischer Kasten: erlaubt es, spielerisch verschiedene Varianten für bestehende Parameter einer Herausforderung zu kombinieren und so neue Kombinationen zu entdecken.
- SCAMPER: eine Reihe von Impuls-Fragen beinhaltet, die bestimmte Denkrichtungen vorgeben, um so weitere bisher nicht angedachte Ideen zu finden.
- Die Fluchtmethode versucht, bestehende Grundannahmen zu identifizieren, diese gezielt in Frage zu stellen und andere Lösungswege zu finden.
- Erzwungene Verbindungen sind eine assoziative Kreativitätstechnik, die durch einen von außen kommenden Reiz hilft, neue Ideen zu entwickeln.
- Bei der Zwischenschrittmethode wird die zuvor definierte Ausgangsfrage durch verschiedene Provokationen verändert, um einen neuen Blickwinkel auf das Problem zu generieren.
- Analogien: Bei dieser Technik sucht man nach „ähnlichen Situationen“, um Lösungen für ein vorliegendes Problem zu finden.
- Elementare Umformungen können genutzt werden, um sogenannte physikalische Widersprüche zu lösen.
- Das Four Actions Framework versucht mit Hilfe von vier Fragestellungen, den Status Quo einer Industrie und / oder eines Geschäftsmodells zu hinterfragen und zu neuen sinnvollen Wertangeboten für den Kunden zu gelangen.
- Die COCD-Box hilft direkt nach der Ideenfindung, um eine Vorauswahl an Ideen zu treffen, die Sie weiter betrachten möchten.
- Die Bewertungsmatrix ist ein Denkwerkzeug, mit dem man auf systematische Weise eine Vielzahl an Optionen nach selbst gewählten relevanten Kriterien bewerten kann.
- Eine 2×2-Matrix kann helfen, bei einer größeren Anzahl an Ideen relativ schnell einen visuellen Überblick über die Qualität der Ideen anhand von zwei selbst gewählten Kriterien zu bekommen.
- Die SCRUM-Matrix hilft, bei einer großen Anzahl an Ideen schnell einen Überblick über die Qualität der Ideen anhand von selbst gewählten Kriterien zu gewinnen.
- Paarweiser Vergleich ist ein Werkzeug, um konkurrierende Optionen zu vergleichen, besonders dann, wenn alle Optionen ähnlich wichtig erscheinen.
Kreatvitätstechniken zum „Lösungen formulieren“
- Prototyping: Eine konkretere Annäherung einer Idee an ihre spätere finale Form zu erreichen.
- Ein Zen Statement ist eine kurze und einfache Zusammenfassung der Hauptcharakteristika und Vorteile einer Lösung, die das Interesse von Zuhörern oder Lesern wecken soll.
- Crazy 8 ermöglicht es einer Gruppe, in sehr kurzer Zeit für eine Idee mehrere Lösungsansätze zu generieren.
- PPCO ist eine Technik bestehend aus vier Schritten, um neue Ideen zu beurteilen und weiterzuentwickeln.
- NABC ist ein Vorgehen, das ursprünglich dafür entwickelt wurde, um Ingenieuren zu helfen, nicht nur in technischen Kriterien einer Lösung zu denken, sondern auch andere erfolgsrelevante Faktoren bewusst mit zu berücksichtigen.
- Der Business Model Canvas (BMC) ist eine visuelle Technik, um Geschäftsmodelle zu analysieren, zu beschreiben und neue Ideen für Geschäftsmodelle zu generieren.
Kreatvitätstechniken zum „Akzeptanz erkunden“
- Unterstützer und Hürden helfen in der Vorbereitung eines Handlungsplans, indem es vorab förderliche (Unterstützer) und hinderliche Faktoren (Hürden) in Hinblick auf die Umsetzung einer Lösung auflistet.
- Ein Pre-Mortem unterstützt, mögliche Probleme bei der Umsetzung eines Plans zu antizipieren, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist.
- Bei der Stakeholder-Analyse geht es darum, im Hinblick auf eine entwickelte Lösung die Position derjenigen Beteiligten noch einmal kritisch zu durchleuchten, die auf negative Weise die Umsetzung beeinflussen könnten.
- Der Assumption Testing Canvas unterstützt dabei, zentrale Annahmen, die Ideen und Lösungen zugrunde liegen zu verifizieren bzw. zu falsifizieren und den Testverlauf zu protokollieren und zu dokumentieren.
Kreatvitätstechniken zum „Plan formulieren“
- Das Wie-Wie-Diagramm ist ein logisch-analytisches und sehr strukturiertes Werkzeug des taktischen Denkens, das bei der Erstellung eines Handlungsplans unterstützt.
- Handlungsschritte entwickeln unterstützt alle notwendigen Schritte zur Umsetzung einer Lösung zu finden und gleichzeitig nichts zu vergessen oder zu übersehen.
- Die Momentum-Matrix ist ein Werkzeug, um nach Beginn der Umsetzung einer Lösung die Qualität des Umsetzungs-Fortschritts einzuschätzen und Verbesserungen abzuleiten.
allgemeine Kreativitätstechniken zum verdichten von Optionen
- Die Teleskop-Methode ist eine Gruppentechnik, die dazu dient, aus einer großen Anzahl an Optionen die besten / interessantesten / wichtigsten auszuwählen und diese damit überschaubar und handhabbar zu machen.
- Clustern ist ein Werkzeug, das dabei hilft, eine größere Anzahl von Optionen zu organisieren, zu kategorisieren und Verbindungen zwischen Optionen aufzuzeigen.
über creaffective
Wir von creaffective nutzen Denkwerkzeuge für Kreativität und Innovation in unserer Arbeit mit Kunden, z.B. in einem moderierten Innovationsworkshop oder auch unserem Kreativitätstraining zu Denkgewohnheiten von Innovatoren.
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