Regelmäßigen Lesern dieses Blogs ist der Name sicherlich ein Begriff und auch über den Kreis der an Denkwerkzeugen interessierten hinaus ist er bekannt: Edward de Bono.
In Europa bekannt ist die Technik der 6 Denkhüte, auf Deutsch ab und zu auch mit 6 Farben Denken übersetzt.
Im Jahr 2009, dem EU Jahr der Kreativität und Innovation war der geborene Malteser sogar einer der offiziellen EU-Botschafter.
Menschen, die seine Bücher gelesen haben, kennen möglicherweise einige weitere mit ihm assoziierten Denkwerkzeuge, wie die DATT- oder CoRT-Werkzeuge. Auch darüber habe ich bereits auf dem Blog berichtet.
Den Namen Michael Hewitt Gleeson dürften dagegen noch die wenigsten gehört haben. Der Australier ist Gründer der School of Thinking und einer der ersten Weggefährten von Edward de Bono. Ihn habe ich ebenfalls bereits für das creaffective-Blog interviewt.
De Bono und Hewitt Gleeson haben von 1978 – 1984 in New York die „The Edward de Bono School of Thinking“ gegründet, um Denken als Schulfach zu etablieren und Materialien dafür zur Verfügung zu stellen. Während dieser Zeit haben die beiden auch das Modell der 6 Denkhüte entwickelt. Wer das gleichnamige Buch von Edward de Bono gelesen hat, wird dort jedoch den Namen Michael Hewitt Gleeson nicht erwähnt finden. Und genau deswegen gibt es jetzt Streit.
Die 6 Denkhüte eine Entwicklung von Edward de Bono und Michael Hewitt Gleeson
Streit darüber gibt es schon länger, jetzt eskaliert dieser jedoch: So war de Bono kürzlich gezwungen, schriftlich zu erklären, dass die 6 Denkhüte nicht von ihm alleine entwickelt wurden.
Michael Hewitt Gleeson hat auf seinem Blog auf Anraten seiner Anwälte einen ausführlichen Artikel veröffentlicht, der die Geschichte teils an Hand von Fakten, teils aus Sicht von Hewitt Gleeson beschreibt. Dass er gekränkt von de Bono’s Verhalten ist, lässt sich dem Artikel deutlich anmerken.
De Bono der geniale Egomane?
Die Überschrift hat bewusst ein Fragezeichen, ich will de Bono ja keine krankhafte Selbstbezogenheit unterstellen. Dass er jedoch vor allem um sich und seine Verdienste kreist und mehr als ein gutes Selbstbewusstsein hat, kann man seinen Büchern immer wieder entnehmen:
- In de Bonos Büchern (und es sind viele) gibt es grundsätzlich keine Quellenangaben außer Edward de Bono. Alles ist aus de Bono selbst entsprungen. Die einzige legendäre Quelle ist seine Angabe „research from Havard has shown“. Auch hier nennt er aber den Autor (David Perkins) der Forschungen nicht. Aus diesem Grund hat de Bono auch wenig Akzeptanz in der Wissenschaft. Nicht weil seine Beiträge nicht wichtig wären, sondern weil er schlicht und einfach unwissenschaftlich arbeitet und er sich um keinerlei Nachvollziehbarkeit seiner Aussagen bemüht. Er könnte es, er hat jahrelang an der Universität Cambridge geforscht.
- De Bono ist der Mensch, der das Denken der gesamten Menschheit in den letzten 2300 Jahren am meisten verändert hat. Klingt überzogen? Ist es vielleicht auch, aber De Bono betont es immer wieder.
- Dazu passt es ganz gut, dass er Michael Hewitt Gleeson mit keinem Wort in seinem Werken erwähnt. Leider verhält es sich mit vielen Büchern von de Bono so: Wer eines gelesen hat, hat fast alle gelesen. Der Anteil an sich wiederholenden Abschnitten und Kapitel in seinen Veröffentlichungen ist sehr hoch. Das fällt auf, wenn man sich viele seine Bücher kauft. In Gesprächen mit anderen, die sich beruflich dem Thema systematischer Kreativität widmen, merke ich, dass ich nicht der einzige bin, der eine Hassliebe zu de Bono hat.
Ich möchte nicht verschweigen, dass- de Bonos Werkzeuge und Vorgehensweisen nicht nur einfach sind, sondern auch funktionieren. Kreativitätstechniken wie die Fluchtmethode und die Zwischenschrittmethode kommen in vielen von creaffective moderierten Innovationsworkshops zum Einsatz.
- auch nach 30 Jahren de Bono und vielen ähnlichen Büchern, gibt es trotzdem immer wieder regelmäßig ungewöhnliche und sehr erfrischende Denkweisen von ihm, die eine große Bereicherung darstellen.
- ihm große Anerkennung dafür gebührt, dass er seit langer Zeit unermüdlich darauf aufmerksam macht, dass es neben kritisch-analytischen Denken (wie besonders von der griechisch-abendländischen Philosophie geprägt) auch andere, genauso wichtige Arten des Denkens gibt, wie das kreative Denken. Außerdem hat de Bono alleine und mit Hilfe von anderen eine Reihe praktischer Herangehensweisen entwickelt, die den Denker dabei unterstützen. De Bonos unsportliches Verhalten ist schade, denn es würde seinem Ruf sicherlich nicht schaden, wenn er anerkennen würde, dass auch die Gedanken anderer Menschen einen Einfluss auf ihn hatten. Vielleicht tappt er ja selbst in eine Falle, vor der er in seinem Büchern wiederholt warnt: Die Intelligenz-Falle.