Auf dem Weg von einer Idee zu einer Innovation auf dem Markt gibt es viele Stolpersteine. Sowohl innere als auch äußere.
Innere Stolpersteine beziehen sich auf das, was innerhalb von Organisationen oder innerhalb der Köpfe einzelner Leute vorgeht, noch bevor etwas Neues in einen Markt eingeführt wird.
Zwei zentrale innere Stolpersteine, die sich sowohl auf einzelne Personen als auch auf Gruppen beziehen sind:
- Die Angst vor Unsicherheit
- Unberechtigte Sicherheit.
Die Angst vor Unsicherheit führt oft zur Lähmung von Einzelnen oder Gruppen: Wir wollen erst gar nicht anfangen, weil es von vorne bis hinten unklar und unüberschaubar ist. Diese Angst vor Unsicherheit kann dazu führen, dass Ideen zu schnell verworfen werden, weil diese im Moment zu vage sind beziehungsweise, die Erfolgsaussichten zu unklar sind.
Die unberechtigte Sicherheit kann dazu führen, dass wir Ideen für zu gut halten, obwohl sie so gut gar nicht sind. Unberechtigte Unsicherheit kann entstehen, wenn man sich bereits länger mit einer Idee beschäftigt und so tief eingetaucht ist, dass man Gefahren und Risiken ausblendet. Besonders schnell kann dies in Gruppen passieren. In einer Form des Groupthink werden dann andere Meinungen systematisch ausgeblendet bzw. unterdrückt.
Balance zwischen über-optimistisch und zu pessimistisch
Die Kunst auf dem Weg zur Innovation ist es die Balance zu finden zwischen zu pessimistisch und zu optimistisch sein. Besonders wichtig ist es, dabei zu verstehen, dass diese kognitiven Verzerrungen an unterschiedlichen Stellen eines kreativen Prozesses auftreten.
Das Bild zeigt den Creative Problem Solving Prozess. Die Angst vor Unsicherheit tritt oft im Schritt der Ideenentwicklung auf, wenn es darum geht, Erstideen zu bewerten. Eine große Rolle kann dabei Fachexpertise spielen.
Die unberechtigte Sicherheit kann dann im Schritt Lösungen formulieren oder auch im Schritt Plan formulieren auftreten, also später im Verlauf eines Kreativprozesses.
Im Falle der Angst vor Unsicherheit, geht es darum bewusst nach dem Wert und den Möglichkeiten in neuen Ideen zu suchen und nicht zu schnell einseitig auf Risiken und Probleme zu fokussieren. In unseren Innovationsworkshops und Innovationsprojekten nutzen wir dazu bewusste Strategien wie die Technik PPCO und das Erstellen von simplen Prototypen.
Im Falle der unberechtigten Sicherheit, geht es darum, bewusst wieder auf mögliche Risiken zu schauen und diese nicht auszublenden, ohne dabei jedoch die Lösung zu zerstören oder madig zu machen. Eine hilfreiche Strategie kann dabei die Premortem Strategie sein.
Premortem statt Postmortem
Im Gegensatz zum bekannten Postmortem, das statt findet, nachdem ein Ergebnis bereits vorliegt, zum Beispiel, wenn ein Projekt gescheitert ist, findet das Premortem vorher der Umsetzung statt. Es geht darum, mögliche Schwierigkeiten, die zum Scheitern führen könnten, vorher zu antizipieren. Ziel des Premortems ist es übermäßige gefühlte Sicherheit zu reduzieren und Entscheidungen zu verbessern. Zu verdanken haben wir dieses Vorgehen der sogenannten naturalistic decision making Forschung, die herausgearbeitet hat, es in Organisationen zu systematischen kognitiven Verzerrungen bei großen Projekten kommt im Zuge derer andere Meinungen, Zweifel etc. unterdrückt werden.
Guy Kawasaki erklärt das Vorgehen in einem kurzen Video.
So funktioniert das Premortem Vorgehen:
- Die Gruppe betrachtet sich den jetzigen Plan, die jetzige Lösung
- Jeder stellt sich nun vor, dass wir einen Sprung in die Zukunft machen und dort feststellen, dass das Projekt definitiv gescheitert ist.
- Nun schreibt jeder in der Gruppe mögliche Gründe auf, die zum Scheitern des Projekts geführt haben könnten. Die kognitive Aktion, die nun statt findet nennt man prospective hindsight, also den vorschauenden Rückblick. Dabei fällt es Leuten leichter, Schwierigkeiten zu formulieren, wenn man annimmt, dass ein Projekt sicher gescheitert ist.
- Wir von creaffective setzen nun in unseren Innovationsworkshops oder Innovationsprojekten noch einen aus unserer Sicht zentralen Schritt drauf: Basierend auf den generierten Schwierigkeiten und Scheiterungsgründen generieren wir nun Ideen, wie wir diese verhindern bzw. abwenden könnten und integrieren die gewählten Ideen in unsere Lösung oder den Handlungsplan.
Shitstorming vorher statt Blamestorming nachher
Das Premortem vorgehen kann uns also helfen in einem relativ späten Schritt des Kreativprozesses, wenn eine Lösung bereits eine gewisse Reife hat, nach Mist zu suchen (Brainstorming nach Mist), um zu vermeiden, dass eine Gruppe sich in ungemütlichen Schuldzuweisungen (Blamestorming) nachher übt.