Systematische Kreativitätsprozesse in der Stadt Leipzig
Ein Interview zum Thema Praxisanwendung
Du hast im Herbst 2017 die Ausbildung als Innovationsmoderatorin bei uns gemacht. Wie ist es dir seitdem ergangen und was hast du in der Zwischenzeit mit dem Wissen gemacht?
Genau. Nach unserer Ausbildung bei euch letztes Jahr hatte ich eine Auswertung mit dem Personalamt, die mir die Ausbildung ermöglichten. Und ich hatte meine Trainerausbildung in Berlin, welches ich nutzte und ein didaktisches Konzept erarbeitete. Und nachdem das erste zweitägige Training ohne Werbung so überbucht war, haben wir es einmal im Frühjahr und einmal im Herbst in das Fortbildungsprogramm der Stadt Leipzig aufgenommen.
Mittlerweile haben wir auch einen ganz geeigneten Raum und etwas Material, dass es dafür braucht. Das waren so die Herausforderungen der Verwaltung, das alles zu organisieren. Wir haben einen tollen Raum von den Stadtwerken zur Verfügung gestellt bekommen, die es auch unterstützen, weil sie das Konzept interessant finden.
Ich habe ein Workbook für die Teilnehmer konzipiert. Es kommt auch immer gutes Feedback von Leuten oder von Leuten, die auch plötzlich mitmachen wollen. Inzwischen muss ich immer sagen ja ich setze Sie auf die Warteliste. Das hat mich sehr überrascht und sehr gefreut. Ansonsten haben wir jetzt in der Stadt Leipzig erst einmal einen Grundbestand an Leuten, die den Prozess kennen und es schon mal ausprobiert haben.
Das klingt sehr gut und ich höre an deiner Stimme, dass du darin wirklich aufgehst.
Es ist wirklich schön auch einmal frei zu arbeiten, weil sich niemand in meine Arbeit reinhängt, wie ich es gestalte und wie man es macht. Ich empfinde es auch als ein sehr angenehmes Arbeiten mit den Teilnehmern, vor allem das was zurückgemeldet wird. Es ist mal eine ganz andere Atmosphäre und man lernt dadurch auch auf Augenhöhe viele neue interessante Kollegen kennen. Wo man sonst im Verwaltungsalltag gar nicht die Möglichkeit hätte, dass gilt sowohl für die Teilnehmer, die sich dort für zwei Tage zusammenfinden als auch für mich als Moderatorin.
Das klingt ganz nach einer effektiven Einführung des Konzepts der systematischen Kreativität. Gibt es denn auch schon Rückmeldung von den Kollegen über umgesetzte Projekte?
Die meisten Kollegen wenden bei ihren Projekten immer mal einzelne Methodenbausteine an. In der Wirtschaft ist es ein Projektteam, das dann eine konkrete Fragestellung hat, die sie dann versuchen mit ausgewählten Lösungen umzusetzen. Das haben wir nicht, weil wir schon die Hierarchie beachten müssen und in so einer Entscheidungsfindung sind dann auch noch andere einbezogen, sodass mal phasenweise einzelne Schritte oder Elemente genutzt werden, um Themen zu erarbeiten und zu bearbeiten. Es wäre auch mein Ziel ein Projekt so in Gänze des Prozesses zu bearbeiten. Das hat sich bisher immer noch auf bestimmte Phasen konzentriert. Als Kritik kommt auch immer die Zeitfrage. Wie sollen wir das angehen? Das stimmt auch. Aber allein mit einem anderen Blickwinkel auf Probleme zu blicken hilft schon.
Ja. Das ist ein berechtigter Kritikpunkt. Manchmal ist es ja aber auch gar nicht notwendig ihn in Gänze durchzuführen. Aber dieser Perspektivenwechsel in der Verwaltung, dass man Themen neu und anders denken kann, sagst du ist sehr nützlich.
Genau. Das ist der große Mehrwert.
Du hast vorhin den Vergleich zu Design Thinking gebracht. Den Prozess der systematischen Kreativität findest du im Vergleich robuster. Was genau meinst du damit?
Ja, da gab es in der Stadtverwaltung Projekte zum Thema Stadtentwicklung oder zum Thema Moderne Arbeitswelten. Und der DT-Prozess war hoch interessant, aber das hat nie Anwendung in der Verwaltung gefunden. Das ist zu frei für die Verwaltung. Da fehlt dann der Kontext, wie sollen wir das jetzt wo andocken.
Er ist sehr nutzerzentriert.
Richtig, genau. Bei uns geht es hauptsächlich um Verwaltungsprozesse, wo wir schauen müssen, wie wir das mit den vorhandenen Mitteln und Ressourcen besser machen können – für die Zukunft.
Ja. Und wenn du jetzt mal in deinem Umfeld bleiben, Verwaltung, Politik, Institute usw. vor welchen Herausforderungen stehen sie denn, die man ganz gut als Moderatorin mit dem Prozess Systematic Creative Thinking lösen kann? Mit welchen Fragen würden sie zu dir kommen?
Was ganz viel kommt, ist das Thema Zusammenarbeit in der Verwaltung. Wenn ich jetzt an das Thema von einem Training in Mai denke, da wurde die Frage behandelt- wie können wir die Verwaltungskultur verbessern, bzw. öffnen. Eine Idee, die ausgewählt wurde, war „Kreativräume zu schaffen“. Das war eine spannende Herausforderung bei der Auswahl durch die COCD-Box -welches übrigens eine Kassenschlager-Methode ist, die finden sie alle toll – neben dem Brainwriting.
Jedes Amt sollte einen Kreativraum haben, um kreativ arbeiten zu können. Und das wurde auch wirklich nochmal hinterfragt, ob auch wirklich jedes Amt. Und das war auch gleichzeitig die Herausforderung. Eine andere Gruppe hat zufälligerweise dasselbe Thema gewählt, hatte aber die Idee verschiedene Kennenlernen-Plattformen, Kommunikationsformate zu schaffen, um miteinander über Verwaltungsgrenzen hinweg in Kontakt zu kommen. Also Zusammenarbeit ist was immer kommt und immer jeden berührt.
Und wenn du sagt, es berührt jeden. Was berührt dich, was motiviert dich als Innovationsmoderatorin?
Es ist der andere Blickwinkel, wie man auch ein Thema angehen kann. Ich glaube, ein Feedback was ich nach dem zweiten Training bekommen habe, war:
Es ist verblüffend wie systematische Kreativität schnell zu einem Ziel führen kann, was wir mit den bisherigen Verwaltungsmethoden nie erreicht hätten. Das hat ein Teilnehmer mal geschrieben, so das ist meine Motivation.
Das ist eine wirklich schöne Erkenntnis und Rückmeldung. Deine Motivation ist so hoch, sodass du dich auch mit dem Amt für kreative Problemlösung nebenberuflich selbstständig gemacht hast. Der Name könnte aus der Harry Potter Welt stammen. Was hat es damit auf sich?
Genau. Ich habe mich als Trainerin auch selbstständig gemacht, weil es mir Spaß macht, weil ich da auch eine Möglichkeit sehe, Wissen voranzubringen und auch mal was auszuprobieren. Mein Lebensunterhalt hängt jetzt nicht davon ab, aber man lernt sehr viel zum Thema Selbstständigkeit. Letztes Jahr war ich auf dem Creative Bureaucracy Festival in Berlin und da habe ich das Amt für unlösbare Aufgaben kennen gelernt, was mich dazu inspiriert das Amt für kreative Problemlösung zu gründen.
Genau, allein der Name für meine Firma weckt schon die Neugier. Und mal schauen, wie es sich jetzt im deutschen Raum entwickeln wird. Aber grundsätzlich möchte ich dieses Konzept auch anderen Verwaltungen näher bringen. Das läuft jetzt gerade so an. Ich hatte zu Beginn in der Schweiz zu tun, die sind da irgendwie offener oder weiter.
Ja, und ich merke schon deine Ausbildung hat einen großen Multiplikator Effekt gehabt. Und mit der Selbstständigkeit auch nochmal eine spannende Komponente. Würdest du unsere Ausbildung Interessierten, aber noch Unentschlossenen empfehlen?
Ja auf jeden Fall. Das ist so robust, das ist so vielfältig und so robust und auch praxisorientiert, was ganz selten in so Ausbildungsformate für bestimmte Kompetenzen zu finden ist, sag ich jetzt mal.
Und jetzt so rückblickend, du hast schon das Wort robust gesagt. Welche zwei Wörter würden dir hierzu noch einfallen, die die Ausbildung kurz und knapp zusammenfassen.
Es ist nachhaltig und es macht Spaß und Freude.
Das war ja wie aus der Pistole geschossen. Danke. Das ist schön zu hören.
Vanessa, danke für deine Zeit und die guten Einblicke in deine tägliche Arbeit als Organisationsentwicklerin in der Stadt Leipzig u.a. als ausgebildete Innovationsmoderatorin.
Wer mehr über unsere Ausbildungsinhalte für 2020 erfahren möchte, findet alles Wissenswerte hier: Ausbildung zum Innovationsmoderator
Das Interview wurde von Vermie Vigilia geführt.