„Ich bin nicht so kreativ!“ Diesen Satz habe ich schon das eine oder andere Mal zu Beginn eines unserer Kreativitätstrainings gehört. Diese Aussage ist definitiv falsch! „Ich habe es nicht so mit dem Ideen entwickeln, aber wenn mal Ideen da sind, auf denen ich aufbauen kann, dann läuft das super.“ Das ist sehr gut möglich.

Alle Menschen haben das Potenzial kreativ zu sein, aber:

  • Nicht alle Menschen sind im gleichen Gebiet kreativ. Unterschiedliche Menschen haben unterschiedliche Talente und werden ihre Kreativität in verschiedenen Bereichen entfalten.
  • Nicht alle Menschen sind auf die gleiche Art und Weise kreativ. Menschen können verschiedene Präferenzen der Kreativität haben. In einem Artikel über Steve Jobs habe ich vor einigen Monaten geschildert, wie Präferenzen sich auf das Verhalten im Kreativprozess auswirken können.

Ein universaler Kreativprozess

Es gibt verschiedene Schulen von Kreativprozessmodellen, wie z.B. Creative Problem Solving, Design Thinking und andere Modelle. Diese Modelle von Kreativprozessen unterscheiden sich alle aufgrund Ihrer wissenschaftlichen und praktischen Herkunft und ihrem Einsatzgebiet; allen Modellen liegt jedoch der gleiche universale grundlegende Kreativprozess zugrunde. Dieser lässt sich in vier von einander unterscheidbare Schritte einteilen:

  • Eine Situation klären
  • Ideen entwickeln
  • Lösungen entwickeln
  • Lösungen umsetzen

Diese grundlegenden Schritte sind in allen Prozessmodellen der Kreativität verwurstet. Diese vier Schritte lassen sich von einander unterscheiden und erfordern jeweils unterschiedliche mentale Vorgehensweisen. Das bedeutet, wenn ich ein Problem kläre, mache ich etwas anderes, als beim Entwickeln von Lösungen.

Präferenz ist nicht gleich Fähigkeit

Die Wissenschaft hat nun herausgearbeitet, dass Menschen Präferenzen für einen oder mehrere dieser Schritte im Kreativitätsprozess haben können und dass sich diese Präferenzen deutlich zeigen. Diese Präferenzen lassen sich auch mit Hilfe verschiedener psychometrischer Instrumente bestimmen. Wir von creaffective arbeiten mit unseren Kunden gerne mit Foursight.
Man selbst spürt eine Präferenz wahrscheinlich dadurch, wie viel Energie man in den einzelnen Schritten des Kreativprozesses gewinnt oder verliert. Wenn ich eine Präferenz für etwas habe, werde ich bei der Ausführung eher Energie gewinnen. Wenn ich keine Präferenzen oder eine negative Präferenz für etwas habe, wird mich ein bestimmter Schritt im Kreativprozess Energie kosten und auslaugen.
Wichtig zu wissen ist, dass Präferenz nicht mit Fähigkeit gleichzusetzen ist. Wenn ich also keine Präferenzen für etwas habe, heißt das nicht, dass ich nicht dazu in der Lage bin. Menschen können sehr wohl entgegen ihrer Präferenz arbeiten und auch gut darin sein. Allerdings wird sie das auf Dauer sehr anstrengen.

Nach Professor Puccio, dem Entwickler von Foursight, gibt es analog zum oben vorgestellten Kreativprozess vier Grundtypen für Präferenzen der kreativen Problemlösung.

  • Klarsteller
    Menschen mit dieser Präferenz versuchen die Situation zu klären, möglichst viele Informationen zu sammeln und die Kernfragestellungen herauszuarbeiten.
  • Ideengeber
    Ideengeber entwickeln wie der Name sagt gerne Ideen und lassen ihrer Vorstellungskraft freien lauf. Dabei sind sich nicht unbedingt auf Details bedacht, sondern denken eher global und haben das große Ganze im Blick.
  • Entwickler
    Das sind die Menschen, die die oft abstrakten und vagen Ideen der Ideengeber analysieren, vergleichen und ausdetaillieren. Entwickler erfreuen sich daran, funktionierenden Lösungen zu schaffen und konkret zu werden.
  • Umsetzer
    Umsetzer konzentrieren sich auf die funktionierenden Lösungen und konzentrieren sich darauf, der Umsetzung Struktur zu geben und Lösungen zu verwirklichen.

Viele Kombinationen von Präferenzen der Kreativität möglich

Menschen können nun nicht nur eine Präferenz für einen der vier genannten Grundtypen haben, sondern durchaus Kombinationen von 2 oder 3 Typen haben (siehe Abbildung 1).
Außerdem sind Präferenzen im Gegensatz zur Persönlichkeit nicht fest und unveränderlich, sondern können über die Zeit verändert werden. Dies kann zum Beispiel der Job und das Umfeld in einer Firma sein und die Art und Weise zu arbeiten. Wenn eine gewissen Art und Weise zu arbeiten immer wieder gefordert wird, zum Beispiel der schnelle Fokus auf wenige funktionierende Lösungen, dann ist es gut möglich, dass jemand über die Jahre eine Präferenz für diese Art und Weise kreativ zu sein entwickelt – oder aber den Job wechselt, weil er es zu anstrengend findet, entgegen seiner Präferenz zu arbeiten.

Präferenzen der Kreativität stellen keine Ausrede dar

In unseren Kreativitätstrainings – besonders mit ganzen Teams – sprechen wir nach der Vorstellung von Foursight und den Präferenzen immer über die Konsequenzen, die sich aus dem Wissen um die eigenen Präferenzen ziehen lassen.
Alle Präferenzen werden irgendwann im Verlauf des Kreativprozesses gebraucht und sind wertvoll. In Teams können sich Menschen mit unterschiedlichen Präferenzen gut ergänzen und unterstützen. Außerdem können einzelne Kreativitätstechniken einsetzen um negative Präferenzen auszugleichen.
Definitiv nicht gelten Ausreden, die eine negative Präferenz vorschieben, um sich vor einer Arbeit zu drücken: „Ich bin halt kein Umsetzer, daher lasse ich dich das machen.“ Denn Präferenz ist nicht gleich Fähigkeit.