Integrität als Richtlinie

Letzte Woche haben wir einen internen Workshop abgehalten, um die Strukturen unserer kleinen aber wachsenden Organisation zu überdenken. Als Methode dafür haben wir Holacracy gewählt. Als Organisationssystem fokussiert es sich auf effiziente Arbeitsabläufe, transparente Verteilung von Arbeit und Verantwortung und einer eher netzwerkähnlichen Organisation (im Gegensatz zu hierarchisch-pyramidalen Strukturen). Ein zentraler Aspekt ist auch der Unternehmenszweck, also die Frage: Warum und wofür gibt es das Unternehmen überhaupt? Zu diesem Anlass haben wir wieder über unsere Unternehmenswerte nachgedacht, was eh längst überfällig war, da wir uns seit der letzten Debatte über Unternehmenswerte prozentual gesehen mehr als verdoppelt haben.

Große Prominenz erlangten dabei die Werte Integrität und Authentizität. Der gemeinsame Nenner bei allen Beteiligten war, dass man nur dann integer und authentisch auftreten kann, wenn man das, was man predigt, auch selbst vorlebt. Für eine Beratungsfirma bedeutet das natürlich vor allem, dass man die Methoden, die man „verkauft“, auch selbst genauso anwendet. Es gibt nichts schlimmeres als ein Berater, der zwar anderen gut gemeinte Ratschläge gibt, diese aber selbst ignoriert. Daher kam bei mir die Frage auf: Leben wir unsere Werte?

Sich selbst moderieren

Insgesamt viel meine Antwort positiv aus. Wir arbeiten tatsächlich immer wieder in internen Workshops und Meetings mit denselben Werkzeugen, die wir auch in Trainings vermitteln und beim Kunden vor Ort in Workshops oder Beratungsprojekten anwenden. Wir divergieren und konvergieren sehr viel, sowohl im Workshopsetting als auch in Gesprächen und in der täglichen Arbeit.

Gleichzeitig stoßen wir selbst auch häufig auf genau die Hürden, die wir bei vielen Unternehmen erkennen. Immer wieder kommen Probleme auf, die wir auch „draußen“ sehen, wenn auch nicht in demselben Maße. So fällt es uns manchmal schwer, unsere eigenen Angebote und unsere Arbeitsweisen zu hinterfragen. Je länger man etwas auf eine bestimmte Art tut, desto schwerer wird es eben, sich davon zu lösen – und sei es nur, um über Alternativen nachzudenken. Das Problem müssen wir immer wieder überwinden, hauptsächlich durch Reflektion und Diskussion.

Wie betreiben wir Innovation?

Eine der größten Hürden, über die wir gestolpert sind, war unser eigener Innovationsprozess. In unseren Workshops und Projekten mit Kunden nutzen wir sehr elegante, effiziente und visuelle Methoden, um von der ursprünglichen Ausgangsstellung zu Lösungsansätzen zu gelangen. Als wir selbst anfingen, durch Software unterstützt Ideen zu sammeln und unsere gemeinsamen Innovationsaktivitäten zu koordinieren, sind wir sofort in dieselbe Falle getappt wie so viele unserer Kunden. Durch einen starren Prozess und die Suche nach ständigem Konsens haben wir uns einen Flaschenhals geschaffen. Obwohl wir (damals) nur zu dritt waren, hatten wir unseren Innovationsprozess so gestaltet, dass wir Ideen zuhauf eingeschüttet haben, diese dann aber monatelang „herumlagen“, ohne dass jemand nochmal draufgeschaut hatte.

Hier war die Lösung nicht ganz so einfach. Durch den Schritt hin zu mehr Selbstorganisation (in unserem Falle durch Holacracy) ist die Suche nach Konsens kein zentraler Teil unserer Entscheidungsfindung – dadurch wird der Prozess bereits schneller. Gleichzeitig nutzen wir das Konzept des Paper Prototyping, um unsere eigenen Ideenprozesse so aufzustellen, wie sie für uns ideal sind, um sie später in digitale Form zu übertragen. Eine ähnliche Vorgehensweise kann auch größeren Unternehmen helfen und ist nicht auf Innovationsprozesse beschränkt. Uns jedenfalls hilft sie, einen weiteren Schritt in Richtung mehr Integrität zu gehen.