Seit einigen Jahren gibt es Onlineplattformen wie atizo, brainfloor, solvster und yutongo, auf denen Unternehmen von Externen Ideen entwickeln lassen können.

Anfangs war ich gespannt und unsicher, ob diese in Zukunft ein Ersatz für persönliche Innovationsworkshops werden könnten, so wie wir sie moderieren oder dazu führen könnten, dass die Nachfrage danach zurück geht. Interessant war es für mich dabei zu sehen, dass viele als sehr kreativ anerkannten Unternehmen auch aus technischen Branchen intern hauptsächlich mit persönlichen Workshops und Post-its und Boardmarkern arbeiten.
In der vergangenen Woche habe ich wieder einen Innovationsworkshop hier in China moderiert und mir ist noch einmal bewusst geworden, dass diese Plattformen – wie unterschiedlich das genaue Modell auch aussehen mag – in den meisten Fällen kein Ersatz für Workshops sein können. Aus einigen Gesprächen mit den Betreibern einer dieser Plattformen weiß ich, dass dies auch gar nicht der Anspruch ist.

Was ein persönlicher Innovationsworkshop bietet

Wir moderieren Innovationsworkshops mit 8 – 12 Leuten zu kniffligen Herausforderungen auf die es gilt, neue Lösungen zu finden. Dazu braucht es meist Teilnehmer mit tiefem Wissen zum Thema. Meist ist das Thema ohne Erklärung nicht verständlich.

Positive Effekte, die ich in der Vergangenheit damit beobachtet habe:

  • Es kann eine angenehme, humorvolle und kreative Atmosphäre geschaffen werden, in der wir die Teilnehmer dazu bringen, wirklich viele Ideen zu generieren.
  • Es entsteht eine Dynamik in der Gruppe, die dazu führt, dass Menschen auf den Ideen anderer aufbauen können und diese schnell weiter entwickelt werden können. Außerdem besteht für die Teilnehmer ein Anreiz die Ideen anderer aufzugreifen und diese weiter zu entwickeln.
  • Es hat einen großen Wert andere Menschen zu sehen, deren Erklärungen zu hören und auf diese reagieren zu können und damit ein gemeinsames Verständnis zu entwickeln.
  • Eine Gruppe von Menschen kann gemeinsam ohne Unterbrechungen konzentriert an einem Thema arbeiten und wirklich in ein Thema eintauchen. Dies ist besonders in Zeiten von ständig bimmelnden Handys und eintröpfelnden E-Mails sehr wertvoll und meist im Büro und vor dem Computer nicht zu erreichen. Und in China unmöglich.
  • Die genaue Fragestellung kann mit Hilfe der Teilnehmer entwickelt und geklärt werden. Dies ist besonders bei komplexeren Fragestellungen notwendig. Denn die Kreativität steckt bereits in der Definition der richtigen Ausgangsfrage.
  • Ideen können im Workshop weiter entwickelt und ausgearbeitet werden. Ein Prinzip, dass wir immer wieder betonen: Eine Idee ist noch keine Lösung, sondern meist eine erste Richtung hin zu einer Lösung. Damit es zu einer umsetzbaren Lösung wird, muss diese nach einer Erstbewertung schrittweise verbessert und ausdetailliert werden.
  • Ideen können visualisiert, gezeichnet oder gebaut werden.
  • Insgesamt geht die Ideenentwicklung, Ideenbewertung und Weiterentwicklung, dadurch dass die Problemeigentümer dabei sind, sehr schnell und effektiv (2 – 3 Tage).

    Wann der Einsatz einer Online Ideenplattform sinnvoll ist

    Aus meiner Sicht bildet der Einsatz von Onlineplattformen einen Teil eines kreativen Problemlöseprozesses ab, meist den der Ideenentwicklung.
    Dafür kann der Einsatz durchaus sinnvoll sein:

    • Bei Fragestellungen, die ohne große Erklärungen gut verstanden werden können und meist wenig Fachwissen brauchen. Zum Beispiel: Wie lauten alle Möglichkeiten Heimwerker auf unser neues Werkzeug aufmerksam zu machen? Wie lauten Namen für unser neues Shampoo?
      Auch Fachfragen sind denkbar, wenn die Nutzer der Plattform über das Fachwissen verfügen.
  • Bei Fragen bei welchen eine Idee bereits eine Lösung sein kann, zum Beispiel Namensfindung für Produkte.
  • Wenn die Ideen einer großen Zahl Externer eingebracht werden sollen und dann intern damit weiter gearbeitet wird.
  • Als Zwischenschritt für eine bestehende Gruppe, die nun auf bereits bestehenden Ideen aufbauen möchte und einen Teil der Ideenentwicklung nun online weiter betreiben möchte.Nach dem Schritt der Ideenentwicklung kommt die Bewertung die Ideen und vor allem die Weiterentwicklung und Detaillierung der Ideen hinzu umsetzbaren Lösungen. Spätestens jetzt braucht es wohl auch trotz aller technischen Möglichkeiten andere Formen der Zusammenarbeit und den unmittelbaren Austausch der involvierten Personen.