In meinem Buch Denkwerkzeuge stelle ich eine Vielzahl von Techniken und Vorgehensweisen vor, die dabei helfen, Lösungen auf offene Fragen zu finden. Offene Frage heißt dabei, dass man nicht weiß wie die Lösung genau aussehen wird, ja manchmal nicht einmal genau sagen kann, was eigentlich das Problem ist.

Eines dieser Denkwerkzeuge, das jedem ein Begriff ist, ist das Brainstorming. Im Buch ordne ich alle Denkwerkzeuge anhand von Prozessmodellen der Kreativität wie zum Beispiel dem Creative Problem Solving, dem Design Thinking oder dem Systematic Creative Thinking. Damit wird verständlich, an welcher stelle innerhalb eines Kreativprozesses ich welches Denkwerkzeug sinnvollerweise einsetze.
So ist das oben genannte Brainstorming eine Technik für den Schritt „Ideen entwickeln“. Wenig Sinn macht ein Brainstorming zum Beispiel, wenn es darum geht ein Problem genau zu verstehen.

Denkfertigkeiten

Das International Center for Studies in Creativity hat einen noch offeneren Zugang gewählt, Denkwerkzeuge zu ordnen. Das dort entwickelte Thinking Skills Model beschreibt sieben Denkfertigkeiten die im Rahmen von Kreativprozessen zum Einsatz kommen, die unabhängig von Prozessmodellen betrachtet werden können. Die Grafik zeigt die Fertigkeiten im Überblick und einige Denkwerkzeuge, wie ich diese im gleichnamigen Buch beschrieben habe.

Die sieben Fertigkeiten im Detail:

  • Visionäres Denken
    bedeutet, ein lebendiges Bild, eine lebendige Vorstellung dessen auszudrücken, was man erschaffen möchte.
    Diese Art des Denkens spielt besonders am Anfang eines Kreativprozesses eine große Rolle. Beim visionären Denken schauen wir in die Zukunft (egal ob kurzfristig oder langfristig) und versuchen uns vorzustellen, wie der ideale Zustand aussehen könnte. Je lebendiger und konkreter die eigene Vorstellung von diesem idealen Zustand ist, desto mehr Energie wird freigesetzt, um diesen Zustand auch erreichen zu können.
  • Diagnostisches Denken
    bedeutet, eine Situation genau zu untersuchen, die Natur eines Problems zu beschreiben und Entscheidungen zum weiteren Vorgehen zu treffen.
    Wie bei einem guten Arzt geht es im diagnostischen Denken darum, zuerst einmal genau alle Daten, Fakten und offenen Fragen zu sammeln, die eine Situation beschreiben.
  • Strategisches Denken
    bedeutet, die zentralen Themen und Lösungsrichtlinien zu identifizieren, die angesprochen werden müssen, um einem gewünschten Ziel, einer Vision näher zu kommen.
    Strategisches Denken ist ähnlich wie das visionäre Denken in die Zukunft gerichtet, allerdings wesentlich konkreter. Während mit dem visionären Denken ein attraktives Ziel erträumt werden darf, geht es im strategischen Denken darum, konkrete Marschrichtungen von der Gegenwart hin zu diesem Ziel in der Zukunft zu identifizieren.
  • Denken in Ideen
    bedeutet, originelle mentale Bilder und Gedanken zu entwickeln, die Antworten auf zuvor definierte Herausforderungen sein könnten.
    Das Denken in Ideen findet nicht im luftleeren Raum statt, sondern bezieht sich immer auf eine vorher explizit oder implizit definierte Fragestellung. Erst wenn diese Fragestellung oder Herausforderung bekannt ist, kann ein Mensch Ideen entwickeln, wie diese gelöst werden könnte.
  • Bewertendes Denken
    oder evaluierendes Denken bedeutet, die Qualität und Machbarkeit von Ideen abzuschätzen, um aus diesen Ideen umsetzbare Lösungen zu entwickeln.
    Damit ist das evaluierende Denken vor allem konvergierend, d.h. auswählend, abwägend und auf ein konkretes Ziel zusteuernd. Trotzdem geht es im bewertenden Denken auch darum, Ideen zu verbessern und zu einer Lösung weiterzuentwickeln. Dafür ist es wichtig, nicht zu schnell abschließend zu beurteilen, ob etwas geht oder nicht geht, sondern immer wieder zu versuchen, das Neue an einer Idee zu sehen und zu erproben.
  • Kontextuelles Denken
    versucht, das Umfeld zu begreifen und ein Verständnis für die Umstände zu entwickeln, die den Erfolg eines Projektes unterstützen oder gefährden können. Das ist besonders wichtig, wenn man sich schon lange mit einer Idee oder Lösung beschäftigt hat und so verliebt in diese ist, dass man bereits einen mentalen Tunnelblick entwickelt hat und sich gar nicht vorstellen kann, wie jemand diese Lösung nicht toll finden kann.
  • Taktisches Denken
    Während es beim strategischen Denken eher um die längerfristigen groben Richtungen geht, geht es im taktischen Denken um kleine, spezifische und messbare Schritte, die sowohl sehr kurzfristig als auch mittel- bis langfristig getätigt werden können.
    Taktisches Denken erfolgt, nachdem sowohl eine konkrete Strategie als auch konkrete Lösungen bereits feststehen. Diese Art des Denken ist am Ende sehr wichtig, um ins konkrete Handeln zu kommen, Ideen und Lösungen also auch umzusetzen und die Effektivität der Maßnahmen messen zu können.

Wann immer ich vor einem offenen Problem stehe, kann ich mich fragen, welche Art des Denkens mir jetzt am ehesten weiter helfen würde. Entsprechend gibt es zu jeder Art des Denkens konkrete Denkwerkzeuge, die ich bei Bedarf einsetzen kann.