Als ehemaliger Politikwissenschaftler hatte ich in diesem Semester die Ehre einen Kurs „wissenschaftliches Arbeiten“ an meiner ehemaligen Alma Mater der LMU München genauer gesagt dem Geschwister-Scholl-Institut für politische Wissenschaften zu geben.

4 x Blockseminar, samstags von 10 – 18 Uhr. Der Albtraum eines jeden Studenten, wie mir versichert wurde. Dadurch hat sich zu meinem Vorteil, die Anzahl der Anmeldungen deutlich im Rahmen gehalten. Heute war der letzte Termin und das Abschlussfeedback war sehr positiv: „So sollte Uni eigentlich sein!“

Mir geht es nicht darum, mich selbst zu beweihräuchern. Gespräche mit Studenten zeigen mir jedoch, dass Lehrveranstaltungen anscheinend oft anders ablaufen. An einer Universität lehren verständlicherweise Wissenschaftler. Ein guter Wissenschaftler ist noch kein guter Lehrer und umgekehrt. Ich habe in das Kursdesign viele Elemente aus meiner Tätigkeit als Trainer für Mind Mapping Seminare und Kreativtrainings einfließen lassen, nur das es diesmal um wissenschaftliche Inhalte ging. Ich habe mit einigen einfachen Rezepten gearbeitet, die für alle „Lehrer“ einsetzbar sind, ohne dass man dazu eine Trainerausbildung gemacht haben muss.

Das Accelerated Learning Modell
Ziel dieses Lehr- und Lernansatzes ist es, die Lernergebnisse des Lernenden zu erhöhen. Der Ansatz arbeitet dabei mit vielen Elementen, die gehirn- und lerngerecht sind, dabei gleichzeitig aber sehr spielerisch sind. In Deutschland findet man diesen Ansatz in der Suggestopädie wieder. Unten stehend finden sich die Präsentationsfolien, die ich für ein Dozentencoaching an der Universität verwendet habe.

Accelerated Learning

Elemente von Accelerated Learning

  • Der Lernende wird mit allen Sinnen und mit dem ganzen Körper in die Lernerfahrung einbezogen.
  • Lernen muss Spaß und Freude machen. Es ist Aufgabe des Lehrenden dafür zu sorgen.
  • Spaß und Freunde entstehen besonders dann, wenn Lernen spielerisch abläuft. Kinder machen dies ganz natürlich. Das Lernen sollte damit wieder kindlicher werden (nicht kindischer!). So habe ich zum letzten Termin die Teilnehmer mit Lego und anderen Bastelmaterialien die Essenz des Kurses bauen lassen (siehe Bilder).
  • Der Lehrer ist dazu da, das Lernen anzuregen und dann aus dem Weg zu gehen. Es nicht Aufgabe des Lehrers, das Wissen löffelweise in die Lernenden reinzutrichtern.

Das Konzept läuft auf viele Weise „traditionellen“ Vorstellungen von Lernen und Lehre zuwider und wird gerne als Quatsch und Spielerei abgetan. Die Erfahrung zeigt, dass es funktioniert und die Lernergebnisse besser werden, d.h. die Lernenden können in kürzerer Zeit, mehr behalten und Inhalte tiefer durchdringen und verstehen.

In einem anderen Artikel habe ich erläutert, warum diese Art des Lernens und Lehrens für das 21. Jahrhundert angemessen ist.

Wer mehr darüber wissen möchte, dem empfehle ich das Buch: The Accelerated Learning Handbook von Dave Meier.

Wie könnte die Lehre an Universitäten anders aussehen?
Ich habe kein Patentrezept und nicht der Weisheit letzten Schluss. Viel in der Lehre läuft deshalb so, weil man es „halt schon immer so gemacht hat“. Eine Möglichkeit aus den eingefahrenen Denkbahnen auszubrechen, die auch bei meinen Kreativtrainings und Innovationsworkshops oft zum Einsatz kommt, ist Edward de Bonos Fluchtmethode. Die Fluchtmethode ist eine Technik des lateralen Denkens, die einmal bewusst Grundannahmen hinterfragt, um daraus neue Ideen abzuleiten. (siehe Bild)

Angewandt auf die universitäre Lehre könnte die Frage so lauten: Was nehmen wir als gegeben hin bei der universitären Lehre?

Dinge die mir einfallen:

  1. Frontalunterricht
  2. Kurseinheiten sind in 1,5 Studenhäppchen über das Semester verteilt
  3. Es gibt schriftliche Prüfungen
  4. Meist gibt es einen Dozenten und viele Studenten

Wenn ich nun zu jedem Punkt das Gegenteil bilde, dann lautet z.B. Punkt 1: Eine Lehre ohne Frontalunterricht.

Nun lassen sich zu jedem Punkt Ideen entwickeln, was man statt dessen machen könnte:

Zum Beispiel:

zu 1.:

  • Gruppenarbeit
  • der Professor als Coach
  • Lehrveranstaltungen als Open Space
  • Lehrveranstaltungen mit Workshop-Charakter
  • Lehrveranstaltungen als Projektarbeit mit Kurzinputs im Frontalstil
  • Lehrveranstaltungen als Kaminrunden

zu 2.:

  • Blockseminare
  • Projektwochen die das Semester strukturieren
  • längere Zeiten als 1,5 Stunden

zu 3.:

  • Studierende arbeiten in Projekten, die benotet werden
  • Studierende erstellen „Produkte“

zu 4.:

  • Jeder Dozent hat Studenten als Teaching Assistent(s). Dieses Glück hatte ich dieses mal.
  • In einem Kurs sind mehrere Dozenten
  • Der Kurs läuft als Open Space ab.

Alles erst einmal nur Ideen und noch keine Lösungen. Aber es gibt definitiv viele Möglichkeiten, Dinge positiv zu verändern. Den entsprechenden Workshop, um diese Möglichkeiten auszuarbeiten moderiere ich gerne :-)