Jemand, der über ein hohes Maß an Intelligenz verfügt, ist sicher auch ein guter Denker, oder? Oft setzen wir diese beiden Dinge ja auch gleich.
Edward deBono hat hier eine – wie ich finde – sehr interessante These aufgestellt:
Intelligenz und Denken sind zwei verschiedene Dinge, die zwar miteinander zu tun haben, aber nicht gleichzusetzen sind. Und: wer intelligent ist, muss noch lange kein guter Denker sein. Im Gegenteil, viele intelligente Menschen sind sehr schlechte Denker. Die passiert oft gerade weil sie intelligent sind und deshalb schnell in die Intelligenzfalle geraten. Die Intelligenzfalle ist jenes überhebliche Gehabe von zugegeben schlauen Menschen, die glauben, dass sie sowieso alles besser wissen. Diese Überheblichkeit führt allerdings schnell dazu, dass man sich vieler Alternativen und Möglichkeiten verschließt, weil man es ja sowieso nicht nötig hat, darüber nachzudenken.
Was ist Intelligenz?
In der Psychologie ist Intelligenz ein Konstrukt, das die geistigen Fähigkeiten beschreibt, die das Niveau und die Qualität eines Denkprozesses bestimmt. Intelligenz ermöglicht es einem Menschen, handlungsrelevante Eigenschaften zu erkennen und diese zu verändern.
Eine andere Definition, die oft scherzhaft angeführt wird, lautet: Intelligenz ist das, was der Intelligenztest misst.
Auch in der Psychologie sieht man einen Zusammenhang zwischen Denken und Intelligenz, aber es wird nicht gleichgesetzt.
Die Intelligenz wird zu einem Großteil von unseren Genen bestimmt und lässt sich kaum verändern oder trainieren.
Was ist Denken?
Denken hingegen ist ein Prozess der viel mit Interpretation und vor allem mit Wahrnehmung zu tun hat. Und hier ist der Knackpunkt: Wahrnehmung ist ein Prozess, der mit im Kopf vorherrschenden Mustern und bestehenden Emotionen zusammenhängt (die Psychologie spricht bei der Wahrnehmung von einer Mischung als top-down und bottom-up Prozess). Wird die Wahrnehmung nicht bewusst gesteuert (und das wird sich natürlicherweise nicht), dann haftet unsere Wahrnehmung immer an den Dingen, die gerade Aufmerksamkeit erregen, oder mit bestimmten Emotionen behaftet sind.
Ein Eifersüchtiger wird alle Dinge durch die Brille seiner Eifersucht sehen und interpretieren (top-down), auch wenn das was er sieht (bottom-up) vielleicht gar nichts damit zu tun hat.
Ein Mitarbeiter, der überzeugt ist (top-down), dass etwas nicht funktionieren kann, wird alles was er sieht (bottom-up), durch diese Brille beobachten. Auf diese Weise wird er sich möglicherweise vielen Handlungsalternativen verschließen und ein Problem nicht oder nur schlecht lösen.
Obwohl er intelligent ist, kann er ein schlechter Denker sein.
Denken ist eine Fähigkeit, die verbessert und trainiert werden kann!
DeBono vergleicht Intelligenz mit der PS-Zahl eines Autos. Je höher die PS-Zahl, desto größer das Potenzial des Fahrzeugs. Zum Gefährt gehört allerdings auch immer jemand, der dieses steuert. Wie gut der Fahrer ein Fahrzeug steuert, hängt von dessen Fahrkünsten ab. Die Fahrkünsten vergleicht deBono mit dem Denken. Diese Fahrkünste können erlernt und durch Training verbessert werden. So kann ein Fahrer, der gut fahren kann, aus einem alten Wagen (~ weniger Intelligenz) mehr herausholen als ein schlechter Fahrer (~ schlechter Denker) in einem Ferrari. Ideal ist es, wenn Michael Schuhmacher auf einen Ferrari trifft, aber ein Michael Schuhmacher kann auch mit einem Polo wahrscheinlich schneller ans Ziel kommen als ein ungeübter Fahrer im Formel 1 Fahrzeug: „… we really do need to stop considering thinking as simply ‚intelligence in action‘.“
Attention-Directing-Tools
Verbessert werden kann das Denken mithilfe einer Reihe von Denkwerkzeugen, die bewusst(!) eingesetzt werden und unser Denken zu einer bestimmten Zeit in eine gewisse Richtung lenken. Einige solcher Tools möchte ich in weiteren Posts vorstellen.
Es ist wirklich erstaunlich, was der Einsatz solcher Denkwerkzeuge bewirken kann, wenn diese z.B. in einer dieser endlosen Diskussionen oder Besprechungen eingesetzt werden. Solche Besprechungen haben wir sicher alle schon erlebt, wenn die Argumente zum dritten Mal wiederholt werden und man immer noch keinen Schritt weiter gekommen ist.
Das Problem mit den Denkwerkzeugen in der Gruppe ist, dass man es auf nicht aufdringliche Weise schaffen muss, diese auch einzusetzen.