Vergangenen Samstag fand in Berlin der diesjährige Entrepreneurship Summit statt. In Keynotes und vielen parallelen Foren konnten sich Entrepreneure und solche, die es werden wollen, viele Impulse holen und praktische Tipps bekommen.
Hervorragend dokumentiert in Form von Videos sind die Inhalte auf der Website des Summits.
Für meine Kolumne European Innovative Minds für ein taiwanisches Wirtschaftsmagazin habe ich Günter Faltin, den Organisator und Mastermind hinter dem Summit interviewt. Das Interview wird Teil eines längeren Artikels für das Brain-Magazine werden. Das Interview selbst möchte ich hier auf dem Blog zu Verfügung stellen.

Die Kreativitätsforschung forscht zu Charaktereigenschaften von kreativen Menschen. In Ihrem Artikel zu einem Buch von Peter Drucker schreiben Sie, dass empirische Studien kaum typische Charaktereigenschaften von Entrepreneuren gefunden haben. Dennoch glaube ich aus Ihrem Buch und Artikeln Dinge herausgelesen zu haben, die Entrepreneure und innovative Menschen gemeinsam haben. Welche Eigenschaften sind das?

Eigenschaften, die ich sehe, und die auch im Einklang mit den Studien stehen, sind Beharrlichkeit und Durchhaltevermögen. Das heißt sich mit einer Sache beschäftigen und auch dann nicht aufzugeben, wenn man zunächst keine Lösung findet. Sondern dranbleiben, die Sache etwas nach hinten verschieben, andere Dinge tun, aber es halb bewusst in Erinnerung haben und weiter daran arbeiten.
Ansonsten gibt es in den Studien keine Anzeichen dafür, dass das gern genannte Durchsetzungsvermögen oder Mut gemeinsame Eigenschaften von Entrepreneuren wären.

Was ist mit Risikobereitschaft?
Entrepreneure sind gerade diejenigen, die versuchen müssen, Risiken zu vermeiden. Es ist wie bei einem Bergsteiger. Er bewegt sich in hoch riskantem Gelände. Gerade weil er sich auf gefährlichem Terrain bewegt, darf er keine Risiken eingehen, denn ein einziger Fehler kann der letzte sein. Im Flachland oder als Beamter können Sie Risiken eingehen. Als Entrepreneur sollten Sie äußerst vorsichtig sein.

Gibt es aus Ihrer Vergangenheit ein Schlüsselerlebnis, das Sie beeinflusst hat, Ihren jetzigen Weg zu gehen und sich dem Thema Entrepreneurship zu widmen?
Ich glaube, es war meine Kindheit. Ich bin in der Nachkriegszeit aufgewachsen und damals gab es keine Spielzeuge, wie die Kinder sie heute haben. Wir mussten also selbst Dinge erfinden und erschaffen, mit welchen wir spielen konnten. Wir mussten kreativ sein.
Ich bin in einer bayerischen Kleinstadt aufgewachsen, die sehr „eng“ und beschränkt war. Wir Kinder betrachteten die Erwachsenen als ziemlich komisch und verkniffen. Irgendetwas, so vermuteten wir, musste auf dem Weg zum Erwachsen-Werden passieren, dass aus originellen und lebenslustigen Kindern angepasste und beschränkte Erwachsene werden. Dazu kam eine verbreitete Doppelmoral, Wasser zu predigen und Wein zu trinken. Wir Kinder nahmen uns vor, dass uns das nicht passieren sollte, dass wir also nicht in die Welt dieser Bescheuerten hineinwachsen wollten. Deshalb stand bei uns alles, was uns die Erwachsenen erzählt haben von vornherein unter dem Verdacht, dass es so auf gar keinen Fall stimmt. Wir Kinder wollten natürlich herausfinden, wie es wirklich ist und haben so unsere Gegenwelten erfunden.
Wenn Sie mir heute ein Stichwort geben wie „Möbel“ oder „Raum“, dann denke ich immer sofort, dass kann man sicher auch ganz anders machen, viel phantasievoller.
Ich finde auch heute noch, dass wir in der Welt der Erwachsenen vielen schlechten Konventionen und Ersatzbefriedigungen folgen.

Ein weiteres Schlüsselerlebnis war schließlich die Teekampagne. Man kann den Zwischenhandel ausschalten – erstaunlicherweise der größte Kostenfaktor. Allerdings gelingt das nur, wenn man in großen Mengen einkauft. Also konsequent auf nur eine einzige Sorte Tee reduzieren. Will man immer die gleiche Sorte Tee trinken? Ja, wenn man den besten Tee der Welt erhält. Und der wächst, so sagen die Tee-Experten einhellig, in Darjeeling. Ohne die vielen Stationen des Zwischenhandels –den Transportwegen, der Lagerhaltung und den immer wieder neuen Verpackungsmaterialien – konnten wir den Tee viel preiswerter machen.

Ich sah natürlich damals schon, dass das Konzept Potenzial hatte. Keiner glaubte daran, ich jedoch glaubte fest daran. Ich hätte jedoch nie zu träumen gewagt, dass wir mit diesen doch eher einfachen Ideen der weltgrößte Importeur von Darjeeling-Tee werden.

Woran merken Entrepreneure, dass ihr Konzept reif ist?
In der Tat starten die meisten Gründer mit Anfangsideen statt mit wirklich durchdachten Konzepten. Man muss so lange tüfteln, bis das eigene Konzept überzeugende Vorteile hat. Wenn sie soweit sind, werden sie nicht mehr still sitzen können. Auch wenn ihnen andere wohlmeinend abraten.

Was sind Kriterien, die man an Gründungs-Konzepte anlegen kann?
Ein gutes Business Model sollte auf mehreren Beinen stehen, die so tragfähig sind, dass sie Stöße von außen auffangen können. Im Markt passiert es nicht selten, dass ein Wettbewerber einen der Marktvorteile des Konzepts übertrifft. Dann ist es gut, wenn das eigene Business Model sich noch auf andere Wettbewerbsvorteile stützen kann.