Organisations-Canvas
Möchten Sie Elemente der Selbstorganisation in Ihrem Unternehmen einzuführen? Auf dem Weg sollten Sie zunächst die aktuelle Aufbauorganisation Ihres Unternehmens beschreiben können. Um dies zu erleichtern, haben wir den Organisations-Canvas entwickelt, angelehnt an den bekannten Business Model Canvas für Geschäftsmodelle.
Ähnlich wie beim Business Model Canvas gibt es verschiedene Bausteine, die aus unserer Sicht ein System der Selbstorganisation beschreiben und die bedacht bzw. definiert werden müssen.
Den Canvas stellen wir unter der Creative Commons Lizenz zur Verfügung. Sie können die Vorlage hier herunterladen.
Der Organisations-Canvas hilft Ihnen strukturiert über Ihre bestehende Aufbauorganisation nachzudenken und alternative Modelle mit mehr Selbstorganisation zu finden.
Die in der Beschäftigung mit den Charakteristika der Selbstorganisation immer wieder auftretenden Fragen sind zu den Bausteinen des Canvas geworden.
Eine ausführliche Erklärung und Beschreibung all dieser Elemente finden sich im Buch Innovationskultur der Zukunft und folgen häppchenweise in weiteren Artikeln. Ein Überblick mit Elementen aus dem Buch:
Im Zentrum des Canvas steht die Verteilung der Autorität. Diese Frage beantwortet maßgeblich, um welche Art der Unternehmensstruktur es sich handelt. Hier gibt es eine Vielzahl an denkbaren Möglichkeiten.
Dieser ist bei den meisten Unternehmen gesetzt. Besonders bei der Gründung von neuen Unternehmen, die von vornherein selbstorganisiert sein sollen, sollte man sich auch über den rechtlichen Rahmen Gedanken machen. Die Frage ist, ob eine bestimmte Rechtsform die Selbstorganisation erleichtern könnte. Das hängt sehr stark von den Rechtssystemen einzelner Länder ab. Im Allgemeinen muss man leider konstatieren, dass die nationalen Rechtssysteme noch wenig mit selbstorganisierten Unternehmen anfangen können und immer eine definierte Gruppe oder Einzelperson verlangen, die rechtlich verantwortlich ist. Zum Glück ist für den Großteil der täglichen Entscheidungen in einem Unternehmen die Frage der Rechtsform irrelevant. Es gibt Beratungsunternehmen wie encode.org, die in Zusammenarbeit mit spezialisierten Anwälten Lösungen entwickeln, um selbst- organisierte Firmen auch rechtlich zu verankern.
Solange es keine eigene Rechtsform für selbstorganisierte Unternehmen gibt, gibt es rein juristisch betrachtet bei den meisten selbstorganisierten Unternehmen immer eine rechtlich verantwortliche Person, wie zum Beispiel den Geschäftsführer. Dieser kann juristisch für vieles haftbar gemacht werden und hat dabei auch festgelegte Pflichten. Faktisch ist diese Person oder Personengruppe auch diejenige, welche die selbst- organisierte Struktur wieder abschaffen und zu einer pyramidal-hierarchischen Struktur zurückkehren könnte, da diese rechtlich verankert ist. Für die meisten Unternehmen stellt sich daher die Frage, wer die selbstorganisierte Struktur aufrechterhält oder sicherstellt.
Für etablierte Unternehmen stellt sich ebenfalls die Frage, wie weit die Struktur der Selbstorganisation reichen soll. Grundsätzlich lassen sich die meisten Vorteile von Selbstorganisation nutzen, wenn die gesamte Organisation selbstorganisiert ist. In vielen etablierten Unternehmen ist dies jedoch kein gangbarer Weg — zumindest nicht am Anfang. Dieser Baustein beschäftigt sich daher mit der Frage, wie weitreichend die Struktur der Selbstorganisation sein soll.
In klassisch-hierarchischen Organisation gibt es in Gruppen meist zwei Vorgehensweisen, um eine Entscheidung zu treffen: eine Einzelentscheidung einer hierarchisch höhergestellten Person oder ein Konsens (alle stimmen der Lösung zu). Diese beiden Arten der Entscheidungsfindung können auch in selbstorganisierten Organisationen zum Einsatz kommen. Das Repertoire beschränkt sich jedoch nicht darauf und es hängt von der jeweiligen Situation ab, welche Art der Entscheidung zweckmäßig ist.
Hiermit ist gemeint, wie die Arbeitsdauer festgelegt wird. Dieser Punkt ist in einem nächsten Schritt auch mit dem Gehaltssystem verknüpft. Traditionell wurde und wird die Arbeitszeit gemessen. Für jeden Mitarbeiter wird üblicherweise eine Anzahl an Stunden pro Woche festgelegt. Anschließend wird gemessen, ob jemand diese Anzahl geleistet hat. Leistet jemand mehr Stunden, gibt es Überstunden. Der Vorteil der Messung ist ihre einfache Durchführbarkeit. Allerdings liefert die Stundenzahl keinen Aufschluss über die Produktivität einer Person. Produktivität wiederum ist in vielen Fällen nicht einfach zu messen, weshalb Firmen am Ende doch wieder bei der Zeit bleiben. Bei diesem Baustein beschäftigt man sich mit der Frage wie die Arbeit gemessen werden soll.
Diese Fragestellung wird in selbstorganisierten Unternehmen früher oder später aufkommen, da die meisten bestehenden Gehaltssysteme an Positionen in der Hierarchie gekoppelt sind. Dies ist mit den meisten Systemen der Selbstorganisation nur begrenzt kompatibel. In den betrachteten Unternehmen habe ich unterschiedliche Modi gefunden, wie Gehälter fair und transparent festgelegt werden. Dies kann ein Abzeichen- oder Punktesystem sein, eine definierte Gehaltsformel (wie z.B. bei meinem Unternehmen creaffective). Es ist aber auch denkbar in der radikalsten Variante, dass die Mitarbeiter ihre Gehälter selbst bestimmen.
Grundsätzlich gilt für selbstorganisierte Unternehmen, dass alle Daten für alle zugänglich sein sollten, es sei denn, es gibt einen wichtigen Grund für die Geheimhaltung. In diesem Baustein macht man sich genau darüber Gedanken, wer welche Informationen sehen oder nicht sehen darf.
Wie in jedem Unternehmen benötigen Mitarbeiter finanzielle Ressourcen, um ihre Aufgaben erledigen zu können. In den meisten Firmen gibt es dafür zu Beginn eines definierten Zeitraums festgelegte Budgets, die dann aufgebraucht werden können. Darüber hinaus müssen Beträge ab einer bestimmten Höhe von autorisierten Personen freigegeben werden. Auch zu dieser Frage habe ich unterschiedliche Varianten beobachten können, wie zum Beispiel ganz klassisch fest Budgets oder definierte Obergrenzen, die jeder ohne Freigabe nutzen kann. Sehr spannend ist auch das Konzept von eigenen virtuellen Konten für jeden Mitarbeiter über das jeder verfügen kann.
Verknüpft mit dem Baustein „Einsatz von finanziellen Mitteln durch Einzelne“ ist die Frage, wie Ressourcen im Unternehmen generell verteilt und zugewiesen werden. Wie wird über den Einsatz von Zeit, Tätigkeiten und finanziellen Mitteln überhaupt entschieden? Ein Grundproblem aller Organisationen ist ja, dass Ressourcen begrenzt sind und es meist mehr Optionen gibt, als durch Ressourcen gedeckt werden. Auch hier gibt es verschiedene Möglichkeiten, wie konkret diese Frage beantwortet werden kann. Es können ganz klassische einzelne Personen Mittel freigeben, es gibt die Möglichkeit Gruppen / Gremien entscheiden zu lassen. Andere wiederum haben einen gemeinsamen Topf eingerichtet aus dem sich jeder bedienen kann und nutzen dazu eigene virtuelle Konten für jeden einzelnen.
Mit diesen verschiedenen Bausteinen lassen sich viele verschiedene Möglichkeiten durchdenken, wie konkret die obigen Fragen in einzelnen Unternehmen beantwortet werden können.
Den Canvas stellen wir unter der Creative Commons Lizenz zur Verfügung. Sie können die Vorlage hier herunterladen.