Es gibt verschiedene Arten der Innovation: Innovation auf der Ebene des Produktes oder der Dienstleistung in Form von neuer Technologie oder neuen Features. Zum Beispiel die nun neu erscheinenden Spielekonsolen von Sony und Microsoft.
Innovation auf der Ebene des Geschäftsmodelles. Hier wird nicht nur das Produkt an sich verändert, sondern vor allem die Art, wie ein Produkt an einen Kunden gebracht wird und wie Wert vom Kunden zum Anbieter kommt. Zum Beispiel die Carsharing Angebote der großen Automobilhersteller in vielen deutschen Städten.
Schließlich gibt es noch Innovation auf der Ebenes des (Herstellungs-)Prozesses. Diese Ebene ist am wenigsten nach außen hin sichtbar. Hier geht es darum, wie schnell, effizient oder kostengünstig ein Produkt oder eine Dienstleistung erstellt werden kann. Zum Beispiel haben Billigfluglinien erhebliche Kostenvorteile dadurch, dass ihre Flotten oft nur einen Flugzeugtyp nutzen und damit die Logistik sowie sämtliche Prozesse der Be- und Entladung und der Wartung vereinfachen können. Wir von creaffective haben zum Beispiel in einem Innovationsworkshop einen Hersteller von Flugzeugbauteilen dabei unterstützt, den Panzerungsprozess bestimmter Bauteile erheblich zu vereinfachen und damit deutlich kostengünstiger zu gestalten.

Das Innovative am niederländischen Fairphone liegt ebenfalls auf der Ebene des Prozesses.

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Innovation auf der Ebene des Prozesses und des Geschäftsmodells

Fairphone ist eine niederländische Initiative, die soziale Werte an erste Stelle stellt, in diesem Fall bei der Produktion eines Smartphones. Fairphone ist momentan das einzige Smartphone, das (fast) fair hergestellt wurde und zwar über die gesamte Zulieferkette, vom Abbau der für die Produktion benötigten Metalle bis hin zur Produktion beim chinesischen Zulieferer A’Hong.

Das Smartphone an sich ist eine „normales“ Smartphone, das auf der Produktebene, also auf der Ebene der technischen Fähigkeiten keine Unterscheidung zu existierenden Smartphones liefern kann. Es ist Stand der Technik, aber nicht mehr. Im Gegensatz zu allen anderen auf dem Markt befindlichen Smartphones, wurde bei der Herstellung bewusst auf faire Bedingungen für die beteiligten Menschen entlang der gesamten Lieferkette geachtet. Die großen Smartphonehersteller haben bisher immer gesagt, dass dies einfach nicht zu kontrollieren sei. Auch die Initiatoren der Fairphone-Initiative geben zu, dass man im Moment in der Tat kein 100% faires Smartphone herstellen kann, es aber deutlich besser geht, als der Status Quo der Industrie. Mehr dazu zeigt ein kurzer Film auf Arte Future.

Die Prozessinnovation liegt auch in der Art, wie das Fairphone entwickelt wurde. So ist der Designprozess von Anfang darauf ausgelegt, ein langlebiges und reparierbares Smartphone zu erschaffen. Auch dies sind zwei Kriterien, die auf der Liste der großen Hersteller weit unten stehen. So kann man zum Beispiel bei Fairphone ganz einfach den Akku entnehmen und durch einen neuen ersetzen. Was früher absoluter Standard war, ist bei heutigen Smartphones besonders bei Apple-Produkten allgemein unmöglich. Dadurch muss das Gerät teuer „repariert“ oder am besten durch ein neues ersetzt werden.

Mit Crowdfunding in die Produktion

Ebenfalls interessant ist das Geschäftsmodell der Fairphone-Initiative. Zuerst einmal handelt es sich nicht um ein Unternehmen und vor allem nicht um ein börsennotiertes Unternehmen. Dadurch fallen viele „Sachzwänge“ in Hinblick auf Kostendruck, Anforderungen an Gewinnmargen etc. nicht an. Die Produktion des Fairphones muss zwar wirtschaftlich sinnvoll sein, da es keinen Druck gibt, unbedingt auf Biegen und Brechen ein bestimmte Gewinnmarge zu erzielen, kann entweder der Verkaufspreis günstiger angesetzt werden und/oder die Zulieferkette fairer entlohnt werden.
Auch die Finanzierung ist interessant, da sich Fairphone über Crowdfunding finanziert hat. Das bedeutet, dass sich 5000 Menschen zum Kauf bereit erklären mussten, bevor das Fairphone überhaupt produziert werden konnte. Mit dem heutigen Tag haben 9400 Personen das Gerät geordert, 20.000 sind insgesamt verfügbar. Warum die Obergrenze bei 20.000 Stück liegt, hat sich mir bisher nicht erschlossen.

Ich finde die Fairphone-Initiative einen sehr spannenden und innovativen Fingerzeig in Richtung der großen Hersteller und ihres Geschäftsgebarens. Das Fairphone zeigt, dass die Ausrede, dass man die Zulieferkette nun einmal nicht beeinflussen könne nicht stimmt und dass ein anderer Herstellungsprozess möglich ist.
Wenn mehr Konsumenten mit ihrem Geldbeutel abstimmen und fairer produzierte Smartphones kaufen, dann werden sich bald auch die Platzhirsche bewegen. Wie so oft, muss die Innovation von einem kleinen Spieler ausgehen.