Das Pre-Mortem-Vorgehen (nicht Post-Mortem!) ist ein aus der Intuitions- und Entscheidungsforschung entwickeltes Vorgehen, das Sie dabei unterstützt, mögliche Probleme bei der Umsetzung eines Plans zu antizipieren, bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist. Durch eine Art mentale Simulation werden mögliche Stolpersteine eines Plans identifiziert und beseitigt.

Einsatz Pre-Mortem

Das Pre-Mortem-Vorgehen ist bei wichtigen Projekten vor der eigentlichen Umsetzung hilfreich, um an mögliche „fatale“ Probleme zu denken und diese Möglichkeiten von vornherein zu berücksichtigen, damit es gar nicht zu diesen Problemen kommt. Ein Pre-Mortem sollte von dem Projektteam durchgeführt werden, das auch bisher im Kreativprozess an der Lösungsfindung beteiligt war.

Ich habe das Pre-Mortem zum Beispiel in einem Strategie-Workshop mit einem Kunden eingesetzt, nachdem wir eine Strategie entwickelt hatten. Dann haben wir mit Hilfe des Pre-Mortems versucht mögliche Schwachstellen und blinde Flecken unserer Ergebnisse zu identifizieren, um dann noch nachzujustieren.
In einem anderen Strategieprozess habe ich das Pre-Mortem zum Auftakt benutzt mit der Annahme, dass der Kunde die bisherige Strategie weiter verfolgt. Hier hat uns das Pre-Mortem geholfen Themen für die neue Strategie zu identifizieren.

Verortung in den Prozessmodellen

Creative Problem Solving: Akzeptanz erkunden
Design Thinking: Testen
Systematic Creative Thinking: Akzeptanz erkunden

weitere Infos zu den Prozessmodellen gibt es im Auftaktartikel zur Serie.

So funktioniert Pre-Mortem im Detail

  1. Fiasko:
    Stellen Sie sich vor, Sie schauen mit einer Kristallkugel in die Zukunft. In der Kugel sehen Sie, dass die Umsetzung Ihrer bisher ausgearbeiteten Lösung dramatisch gescheitert ist. Nun stellen Sie die Frage: „Woran könnte es gelegen haben?“

  2. Gründe des Scheiterns überlegen:
    Jeder Teilnehmer des Pre-Mortem nimmt sich nun ein paar Minuten Zeit, um für ihn / sie denkbare Gründe festzuhalten, warum das Projekt so katastrophal endete. Dabei sollte jeder Teilnehmer auf seine Intuition hören und alle Dinge aufschreiben, die ihm durch den Kopf gehen.

  3. Gründe zusammentragen:
    Nun werden alle Gründe von allen Teilnehmern zusammengetragen und in eine Übersicht gebracht. Dabei liest jeder die von ihm gefundenen Gründe vor. Es wird noch nicht bewertet, sondern jeder hört sich an, was die anderen zu sagen haben.

  4. Die gravierendsten Ursachen identifizieren:
    In einem konvergierenden Vorgehen werden die größten möglichen Probleme identifiziert.

  5. Lösungsideen für die identifizierten Probleme suchen:
    Um diese möglichen Stolpersteine zu vermeiden, divergiert die Gruppe nun wieder und generiert Ideen, wie diese vermieden werden könnten. Danach werden die Optionen wieder eingedampft, um die aussichtsreichsten Ideen zu finden.

  6. Den ursprünglichen Plan modifizieren:
    Die unter Punkt 5 gefundenen Ideen werden nun in den jetzigen Plan eingearbeitet.

Pre-Mortem

Tipps

  • Im Verlauf eines Projektes kann das Ergebnis des Pre-Mortem in regelmäßigen Abständen hervorgeholt und überprüft werden.
  • Es sollte vorab klar sein, dass es nicht das Ziel der Technik ist, eine ausgearbeitete Lösung zu zerreden oder zu zerstören, sondern konstruktiv an möglichen blinden Flecken zu arbeiten.
  • Bei den möglichen Gründen des Scheiterns geht es nicht darum, diese exakt zu quantifizieren oder eine genaue Eintrittswahrscheinlichkeit zu bestimmen. Es sollte nicht zu einer Detaildiskussion über Prozentpunkte führen.

Quellen:

  • Klein, G. (2007) The Power of Intuition. Random House
  • Kahneman, D. (2011) Thinking, Fast and Slow. Macmillan, New York

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Alle Artikel der Serie Kreativitätstechniken sind im Auftakt-Post verlinkt.

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