Viele Unternehmen wünschen sich einen Steve Jobs, einen Richard Branson oder einen Jeff Bezos. Viele Gründer wären gerne ein bisschen mehr wie diese Vorbilder. Was zeichnet diese Innovatoren aus? Und kann man lernen so zu werden wie sie? Das Buch Innovator’s DNA – unter anderem geschrieben vom bekannten Autor Clayton Christensen – antwortet auf beide Fragen: Es gibt einige Fähigkeiten, die Innovatoren auszeichnen und man kann diese Fähigkeiten erlernen oder sich darin verbessern.

Die Autoren haben für ihr Buch innovative Unternehmer wie die drei oben genannten Herren beobachtet und deren Werte, Verhalten und Fähigkeiten herausgearbeitet. Eine wichtige Aussage des Buches ist, dass es sich bei vielen dieser Fähigkeiten um Verhaltensweisen handelt, die man trainieren und verbessern kann, indem man die entsprechenden Gewohnheiten entwickelt. Gewohnheiten haben viele Vorteile (siehe dazu einen bereits älteren Artikel zu Ritualen) und auch so ihre Tücken. Schlüssel ist, nicht zu versuchen, zu viele Gewohnheiten gleichzeitig zu entwickeln, sondern eine Gewohnheit nach der anderen aufzubauen.

Durch die Gewohnheit, gewisse Dinge zu tun, ändere sich nach den Autoren des Buches auch das Denken. D.h. Menschen können innovativer werden, in dem sie Verhaltensweisen von Innovatoren emulieren, um dann irgendwann auch ähnlich zu denken. Dieser Hintergrund macht die Inhalte des Buches für mich besonders pragmatisch, da jeder Mensch beginnen kann so zu handeln.

Zur innovativen Geschäftsidee gelangen: Ein Modell

Die Autoren von „Innovator’s Dna“ greifen auf wohl bekannte Studienergebnisse zurück hinsichtlich der Werte von kreativen Menschen. Einer dieser Werte, der sich auch bei allen für das Buch untersuchten Persönlichkeiten findet, ist Mut. Der Mut Dinge bewusst zu hinterfragen und der Mut Risiken einzugehen.
In unseren Kreativitätstrainings besprechen wir die Bedeutung von Mut intensiv, weil es in gewachsenen Strukturen oft viel Mut braucht Ungewöhnliches vorzuschlagen oder Bestehendes zu hinterfragen.

Auf Basis des Wertes Mut (siehe Bild) bauen vier sogenannten Verhaltensfähigkeiten auf, die kognitive Fähigkeit des kreativen Denkens (das Buch spricht von assoziativem Denken) unterstützen. All diese Fähigkeiten werden als Entdeckerfähigkeiten (discovery skills) bezeichnet.

Abbildung ähnlich wie im Buch

Die fünf Fähigkeiten im einzelnen:

  • Fragen
    Grundlage hierfür ist Neugier. Innovatoren stellen vielen Fragen. Dies können sowohl sogenannte deskriptive Fragen sein, also „wer, wie, wann, wo, was“, aber besonders auch disruptive Fragen wie „Warum, Warum nicht, Was wäre wenn…“
    Auch hier gibt es spezifische Kreativitätstechniken, die man einsetzen kann, um dieses Fragen noch systematischer zu betreiben, wie zum Beispiel das Netz der Abstraktion.
    Eigentlich ganz einfach, aber in der Praxis gibt es Gründe, warum Menschen wieder davon abkommen. Ein Seminarteilnehmer aus einem unserer Kreativitätstrainings in China berichtete mir ein paar Wochen nach dem Training, dass die Gefahr der vielen Fragen sei, dass andere einen für begriffsstutzig oder minderbemittelt halten, weil man so viele „blöde“ Fragen stelle.
  • Beobachten
    Innovatoren zeichnen sich dadurch aus, dass sie alles genau Beobachten und versuchen, auch bekanntes so zu betrachten, als würden sie es zum ersten Mal sehen. Sie streben danach ein „vuja de“ zu schaffen: „seeing something for the first time, even if you have seen it many times before“.
    Auch das klingt banal, ist aber alles andere als einfach in der Umsetzung. Eine Funktion unseres Gehirns ist es ja gerade uns zu entlasten, indem es bereits Bekanntes aus unserem Aufmerksamkeitsfokus nimmt.
  • Netzwerken
    Soziale Netzwerke wie Xing, LinkedIn machen uns das Netzwerken leicht. Allerdings netzwerken die im Buch genannten Innovatoren anders als die meisten Menschen. Die meisten Menschen betrieben sogenanntes Ressourcen-Netzwerken. Das heißt man versucht mit Menschen in Kontakt zu kommen, die einem für was auch immer nützen können. Auf Konferenzen sucht man sich potenzielle Kunden bzw. Auftraggeber etc.
    Innovatoren betreiben im Gegensatz dazu hauptsächlich das sogenannte Ideen-Netzwerken. Dabei ist nicht die „Nützlichkeit“ eines Menschen das Kriterium, sondern es geht darum, möglichst in einen Austausch mit anderen und von einem selbst verschiedenen Menschen zu kommen. Innovatoren sind ständig auf der Suche nach anderen Sichtweisen und Ideen und die findet man am ehesten, wenn man mit Menschen in Kontakt tritt, die einem eher unähnlich sind.
  • Experimentieren
    Innovatoren probieren bewusst viel aus. Das bedeutet natürlich immer, dass bei vielen dieser Experimente (aus Sicht des Controllers im Unternehmen) nichts Konkretes dabei herauskommt. Innovatoren experimentieren jedoch meist zukunftsgerichtet, d.h. sie vertrauen darauf, dass sich in der Zukunft einmal Verknüpfungen zu den jetzt getätigten Experimenten herstellen lassen, auch wenn diese auf den ersten Blick nicht sofort sichtbar sind.
    Wege diese Experimentierfähigkeiten auszubilden sind zum Beispiel eine Zeit lang im Ausland zu leben, fachfremde Zeitungen und Zeitschriften zu lesen und immer mal wieder etwas Neues zu lernen.
    Eine Unternehmen haben dies erkannt und die Gelegenheit zum Experimentieren institutionalisiert, wie zum Beispiel Google mit seiner Ideenzeit. Aus Gesprächen mit vielen Unternehmensvertretern höre ich jedoch leider meist das Gegenteil: Man müsse jede Aktion rechtfertigen und zeigen, was diese konkret bringen wird. ..
  • Assoziierendes Denken
    Dier vier oben beschriebenen Verhaltensfähigkeiten unterstützen die kognitive Fähigkeit des assoziierenden Denkens. Dies ist nach meinem Verständnis, was wir von creaffective als kreatives Denken bezeichnen würden. Es beinhaltet das Verknüpfen von bisher nicht verknüpften (oder auf den ersten Blick nicht zusammen passenden) Elementen aus verschiedenen Gebieten.
    Diese Fähigkeit ist die zentrale Fähigkeit der Innovatoren, die durch die anderen vier Fähigkeiten unterstützt wird.Die Autoren bezeichnen Menschen, welche die oben beschriebenen Fähigkeiten ausgebildet haben als entdeckungsgetrieben (discovery driven) im Gegensatz zu Menschen die umsetzungsgetrieben sind (delivery driven). Sie zeigen in ihrem Buch auch, dass sich in innovativen Unternehmen wie Apple, Google, Amazon und Virgin an der Spitze Menschen befinden, die entdeckungsgetrieben sind. Das gilt vermutlich für den deutschen Sprachraum ebenso, auch wenn amerikanische Autoren natürlich hauptsächlich amerikanische Unternehmen betrachten.