Im letzten Teil der Serie über die Grundprinzipien des kreativen Denkens möchte ich die Grundregeln für das konvergierende Denken näher beschreiben.

Zur Wiederholung: Systematische kreatives Denken arbeitet mit dem Grundprinzip die Entwicklung von Optionen (divergierendes Denken) von der Bewertung von Optionen (konvergierendes Denken) zu trennen.

Divergierendes Denken beschreibt eine breite Suche nach vielen unterschiedlichen und neuen Alternativen.

Konvergierendes Denken beschreibt eine fokussierte positive/ bejahende Evaluation der Alternativen.

Ohne diese Grundprinzipien funktionieren weder Kreativprozesse (wie Creative Problem Solving oder Design Thinking) noch Kreativitätstechniken. Das ist der Grund, warum es zwar in vielen Organisationen auf Papier solche Prozesse gibt, diese aber in der Praxis nicht gelebt werden.
Die Krux mit diesen Grundprinzipien ist, dass diese intellektuell einfach zu verstehen sind, ja geradezu banal klingen, dass diese aber eine Veränderungen unserer Denk- und Verhaltensmuster bedeuteten, was meist alles andere als einfach umzusetzen ist.

Wie für das divergierende Denken, gibt es auch für das konvergierende Denken einige Grundregeln, die ich im Folgenden vorstellen möchte:

  • Positive Beurteilung anwenden: Nach Potenzialen suchen anstatt nach Fehlern
    Bei der Bewertung von Optionen wird darauf zuerst darauf fokussiert, was positiv an einer Idee ist und wo Potentiale liegen anstatt wo das Problem liegt. Dies erzeugt eine ganzheitlichere Einstellung gegenüber Optionen. Ideen sind niemals perfekt und es wird immer „Probleme“ geben. Teilnehmer der creaffective Kreativitätstrainings erinnern sich hier an das Flugzeug-Design-Bild, dass wir zeigen, um dies zu verdeutlichen.
    Ein weiterer Aspekt ist, dass Menschen dazu neigen, Ihre Aufmerksamkeit auf die Schwachstellen von etwas zu legen. Dies wird meist automatisch ausgelöst, wenn das Gehirn etwas erkennt, was nicht mit den bestehenden Erfahrungen übereinstimmt. Für Interessierte empfehle ich hier den Artikel „Innovation und Erfahrung
  • Bewusst und überlegt handeln
    Die Zeit und Sorgfalt die bei der Entwicklung von Optionen zum Einsatz kam, sollte auch bei der Bewertung angewendet werden. Jede entwickelte Option wird betrachtet und möglicherweise anhand einiger Kriterien überprüft.
    In Innovationsworkshops und Kreativitätstrainings beobachte ich immer wieder, dass Menschen zu schnell aus den Optionen auswählen und schreite bremsend ein. Diese impulsive Art des schnellen Auswählens reduziert zwar Komplexität, ist aber nicht unbedingt hilfreich beim Finden der besten Alternativen.
  • Das Ziel im Blick haben
    Optionen werden auf ein bestimmtes Ziel, auf eine bestimmte Frage hin entwickelt. In der divergierenden Phase kann es vorkommen, dass Optionen entwickelt werden, die nicht mehr die eigentliche Frage beantworten. Bei der Bewertung der einzelnen Ideen ist es daher wichtig, sich immer wieder klar zu machen, was das Ziel ist und zu überlegen, ob eine Ideen dabei helfen kann, das Ziel zu erreichen.
  • Neuigkeitswert bedenken
    Das divergierende Denken findet statt, um neue Ideen zu entwickeln, auch deshalb, weil die bereits überlegten Lösungsmöglichkeiten, nicht zufriedenstellend sind. Bei der Auswahl der Ideen ist es nun wichtig, die neuen und unkonventionellen Ideen sehr vorsichtig zu behandeln und diese nicht vorschnell auszusortieren.
  • Ideen verbessern wollen
    Eine Idee meist noch keine fertige Lösung, sondern eher wie ein Samenkorn, das Zeit und Pflege benötigt, um zur Reife zu kommen. Bei der Bewertung von Ideen sollte immer bewusst sein, dass eine Idee nicht unbedingt eine fertige und sofort umsetzbare Lösung darstellt, sondern möglicherweise noch dahin entwickelt werden muss.
    Auch hier hat die Forschung Interessantes zu Tage gefördert: Menschen neigen bei der Auswahl von Ideen dazu, diejenigen Ideen auszuwählen, deren Umsetzung man sich bereits vor dem geistigen Auge vorstellen kann. Das sind die Ideen die näher an dem sind, was wir bereits wissen und sich daher mit überschaubarem Aufwand realisieren lassen.
    Dieses Vorgehen kann oft völlig legitim sein. Bei Themen, wo radikal Neues gefragt ist, ist diese Strategie allerdings nicht ausreichend, im Gegenteil, diese führt dazu, dass wir die Alternativen, die wirklich Originelles beinhalten zu schnell aussortieren, auch deshalb, weil die Umsetzung im ersten Moment als zu schwer erscheint. Das Bewusstsein, dass man an Idee schrittweise arbeiten kann, hilft, dieser Tendenz entgegen zu wirken.