Letzte Woche habe ich einen Vortrag Making innovation work in China auf einer Konferenz einer deutschen Firma in Shanghai gehalten.
In der Fragerunde fragte eine Dame, was Sie in ihrem Geschäftsbereich tun könne, um etwas wirklich innovatives zu schaffen? Sie machten ja bereits Marktforschung, mit Instrumenten wie Konkurrenzanalyse, Kundenbefragungen und Fokusgruppen. Das Ergebnis seien jedoch immer kleine Veränderungen bestehender Produkte.

Innovation muss nicht immer radikal sein

Wie die meisten meiner Gesprächspartner, hat auch diese Dame die Vorstellung von Innovation als etwas radikal Neuem. Ich habe es auf diesem Blog schon einige Male erwähnt: Innovation muss nicht immer radikal sein! Ausschließlich mit radikaler Innovation kann kein Unternehmen überleben. Das Risiko zu scheitern und die Zeiträume bis zu Marktreife sind einfach zu lang, um nachhaltig ein Unternehmen zu führen. Unternehmen benötigen einen Mix aus radikaler und inkrementeller Innovation.
Die meisten großen Unternehmen leiden jedoch aufgrund Ihrer Größe und der starren Entscheidungsstrukturen eher an einem zu viel an inkrementellen Verbesserungen und zu wenigen radikalen Neuerungen. Vor diesem Hintergrund ist die Frage der Konferenzteilnehmerin verständlich.

Marktforschungsinstrumente eignen sich kaum für radikale Innovation

Auch die geläufigen Instrumente der Marktforschung eignen sich vor allem für inkrementelle Verbesserungen, jedoch kaum für radikale Innovation.
Wer Konkurrenten analysiert, sieht die Unterschiede in verschiedenen Kategorien und Bereiche, in denen die Konkurrenz stärker ist. Der Reflex vieler ist nun, zu überlegen, wie man mögliche Lücken schließen könnte. Dies führt jedoch meist wieder dazu, dass man dem Konkurrenten immer ähnlicher wird. Messungen in bestimmten Kategorien führen meist unweigerlich zum Setzen eines Benchmarks, dem Unternehmen dann hinterher laufen.

Auch Instrumente wie Fokusgruppen oder das zur Zeit in Mode gekommene Crowd Sourcing beruhen darauf, statistisch gesehen durchschnittliche Nutzer zu befragen bzw. Input vom statistischen Mittel zu bekommen. Wer den statistischen Durchschnitt befragt, bekommt nur selten Einsichten, die zu radikalen Veränderungen führen können, sondern den Durchschnitt. Ein weitere Schwierigkeit mit Instrumenten wie Fokusgruppen ist, dass diese davon ausgehen, dass ein Nutzer seine Bedürfnisse wirklich ausdrücken und explizieren kann. Das Ergebnis werden auch hier Antworten sein, die sich am Status quo orientieren. Das bekannte Zitat von Herny Ford bringt es auf den Punkt: „Hätte ich Kunden gefragt, was sie möchten, dann wäre die Antworten gewesen ‚Ein schnelleres Pferd’“.
Systematische Prozesse der kreativen Lösungsfindung wie zum Beispiel Design Thinking beobachten den Nutzer deshalb mehr, als in zu befragen, um so Einsichten zu erhalten, die ein Nutzer nicht ausdrücken kann. Wenn befragt wird, dann vor allem Nutzer an den statistischen Randzonen, da diese Extrem-Nutzer am ehesten Hinweise auf radikale Veränderungen liefern.

Die Standartinstrumente der Marktforschung sind wichtig und richtig für standardmäßige Anpassungen bestehender Produkte und Dienstleistungen. Für Veränderungen mit höherem Innovationsgrad bedarf es anderer Vorgehensweisen.
Eine Garantie, damit radikale Innovation zu schaffen, gibt es jedoch trotzdem nicht!