In der heutigen (12.08.09) Ausgabe des Handelsblattes ist ein interessanter Artikel von Johannes Pennekamp zum Thema Innovationsforschung erschienen: „Gute Ideen allein sind nicht viel wert“. Er beginnt mit einem Seitenhieb auf Ideenprofis, die angeblich Firmen mit Sprüchen wie „150 Ideen in 30 Minuten“ ködern. Verknüpft wird das ganze dann mit unglaubwürdigen Trommelworkshops und Meditationsseminaren, worüber Wissenschaftler und der Autor nur den Kopf schütteln können.

Wann gute Ideen viel wert sind
Wie der Titel des Artikels bereits andeutet, sind Ideen alleine nicht unbedingt viel Wert. Damit Innovation ermöglicht wird, müsse die Unternehmenskultur stimmen und vor allem die Führungskräfte diese Innovationskultur leben. Ein Beispiel, wie das aussehen könnte, habe ich vor Kurzem am Beispiel von Firma Rich Products gezeigt. Welche Dimensionen diese Kultur der Innovation hat, hat der schwedische Forscher Gören Ekvall erarbeitet, er spricht vom Innovationsklima. Er war es auch, der gezeigt hat, welchen großen Einfluss das Verhalten der Führungskräfte auf das Klima hat.

Innovation als Ergebnis von komplexen Prozessen
Auch die im Artikel zitierten Wissenschaftler betonen, dass ein marktfähiges Produkt, dass einem Unternehmen Mehrwert bietet, meist nicht einfach vom Himmel fällt, sondern Ergebnis eines Prozesses ist. Teil eines Innovationsprozesses ist der Kreativitätsprozess. Innerhalb dieses Prozesses spielen dann die guten Ideen eine wichtige Rolle. Allerdings sind die guten Ideen nur einer von mehreren Schritten innerhalb dieses Prozesses. Im richtigen Moment sind dann auch 150 Ideen in 30 Minuten überaus hilfreich und alles andere als unseriös. In meinem Innovationsworkshops generieren wir diese ganz ohne Trommeln und Meditation (allerdings könnte Meditation durch aus eingesetzt werden, wie mir Franca Leeson in einem Interview über Kreativität und Meditation erklärt hat).

Die richtigen Leute für den Innovationsprozess
Damit Innovation entstehen kann müssen in einem Innovationsprozess die richtigen Leute zusammen kommen. Im Handelsblattartikel wird z.B. von Unternehmensvertretern und Kunden gesprochen, die gemeinsam an der Innovation arbeiten.
Innerhalb des Unternehmens ist es wichtig, dass Menschen aus verschiedenen Unternehmensbereichen beteiligt sind, dies erhöht aus meiner Erfahrung auch die Chance, dass das Ergebnis dann wirklich umgesetzt wird, auch deshalb, weil die Leute an der Entstehung beteiligt waren.
Die richtigen Leute kann sich laut Artikel auch auf die Denkweise der Menschen beziehen, die eingestellt werden. Die Kreativitätsforschung spricht hier von unterschiedlichen Stilen der Kreativität. Wenn ich ganze Teams bei Kunden trainiere, arbeite ich mit einem Instrument zur Messung der Problemlöse-Präferenzen, um unterschiedliche Herangehensweisen bewusst zu machen und für die Zukunft auch ausgewogenere Teams zu ermöglichen. Forschungen von Min Basadur haben gezeigt, dass heterogene Teams in Hinblick auf Innovation eine bessere Leistung abliefern, allerdings oft bei geringerer Arbeitszufriedenheit.

Gute Ideen für die richtige Frage – die Rolle der Fragestellung und die Erfolgswahrscheinlichkeit von Innovationsinitiativen
Im Artikel gar nicht erwähnt wurde das Problem der richtigen Ausgangsfrage. Diese ist jedoch zentral. Eine schöne Quelle ist hier VanGundys Buch Getting to Innovation: How Asking the Right Questions Generates the Great Ideas Your Company Needs. Er geht darin auf die niedrige Umsetzungsquote von Innovationsinitiativen ein: „However, Doblin, Inc. estimated in late 2005 that only about 4.5 percent of innovation initiatives succeed!“ Mit ein Grund aus VanGundys Sicht für diese schlechte Quote ist, dass die Innovationsfrage nicht richtig formuliert wurde. Dann nützen auch viele gute Ideen nichts, wenn diese sich auf die falsche Frage beziehen.
In meinen Workshops nimmt die Definition des Problems und damit die Formulierung der Ausgangsfrage eine wichtige Rolle ein. Wenn die Frage falsch oder unklar gestellt ist, kommt im harmlosesten Fall nichts dabei raus, im schlimmsten Fall, laufen die Bemühungen in die falsche Richtung und man stampft nach einiger Zeit alles wieder ein. Um einen meiner Workshop-Kunden zu zitieren: „Besonders hat es mich fasziniert, dass hinter dem vordergründigen Problem das eigentliche Thema liegt, das wir dann bearbeitet haben. Ansonsten läuft man in der Praxis Gefahr, Lösungen für Probleme zu entwickeln, die es nicht gibt.“

Angenommen eine Konsumgüterhersteller möchte ein neues Shampoo entwickeln. Die Frage für die Innovationsinitiative könnte nun lauten: Wie könnte ein neues Shampoo aussehen?
Möglicherweise ist aber ein anderer Zuschnitt des Problems viel aufschlussreicher und vor allem zielführender.
Alternative Fragen könnten z.B. lauten:

  • Wie könnten wir dem Kunden ein Gefühl von Frische vermitteln?
  • Wie könnte ein Shampoo aussehen, das nur ganz kurze Zeit zum einwirken benötigt?

Es gibt keine objektive Formel um das beste Framing auszuwählen, das entscheidet sich von Fall zu Fall und im Gespräch mit den Teilnehmern einer Innovationsinitiative. Eine Methode die sehr hilfreich sein kann, die richtige(n) Fragen zu finden, ist das Challenge Mapping. Oft gibt es dann während der Formulierung unterschiedlicher Fragen ein Aha-Erlebnis und es kristallisieren sich interessante Fragen heraus.

Und wer weiß, vielleicht hilft manchen dann auch meditieren und trommeln um auf Antworten zu kommen.