Werkzeuge der künstlichen Kreativität

Unterschiede, Gemeinsamkeiten und allgemein die Verbindung zwischen natürlicher und systematischer Kreativität haben mich schon früher beschäftigt. Die meisten Menschen, die wir in Kontakt mit systematischer Kreativität bringen, finden schnell Gefallen an den Methoden. Einige wenige empfinden die Werkzeuge und Prozesse aber als „erzwungen“ und fragen sich, ob man sich nicht eher auf die natürlichen Kreativprozesse des Menschen verlassen soll.
Klar ist, dass viele der besten Einfälle, die Menschen in Wissenschaft, Wirtschaft und Kunst hatten und haben, auf natürliche Kreativität zurückzuführen sind. In den seltensten Fällen reichen Methoden der systematischen Kreativität an die Durchschlagskraft des Natürlichen heran. Nur lässt sich die natürliche Kreativität eben nicht sehr gut steuern. Wer auf Abruf kreativ sein möchte oder gar muss, der kann sich mit entsprechenden Werkzeugen behelfen.
Es gibt aber noch einen weiteren, vielleicht sogar noch wichtigeren Grund, warum Kreativitätstechniken und Innovationsprozesse einen enormen Mehrwert bieten: Sie entwickeln die richtige Haltung, das Bewusstsein, oder – wie es im englischen so schön genannt wird – ein entsprechendes Mindset.

Beobachten, Hinterfragen, Assoziieren

Dass erfolgreiche, kreative Personen andere Denkweisen an den Tag legen als wenig kreative Menschen ist sicher nicht weit hergeholt. Es gibt sogar Studien, die diese Vermutung belegen. Im Buch The Innovator’s DNA wird dargestellt, dass Unternehmer und Innovatoren auf bestimmte Fertigkeiten zurückgreifen, die z.B. im „klassischen“ Management (die auf Effizienz und Gewinnmaximierung abzielt) wenig gefragt sind. Viele haben Gewohnheiten und Verhaltensweisen, die sie in ihrer Arbeit unterstützen. Die wichtigsten unter diesen Fertigkeiten sind das Beobachten, Hinterfragen und Assoziieren.
Wie kommt man an diese Fertigkeiten? Der fromme Wunsch alleine bringt nichts. Es verhält sich dabei ähnlich wie bei Unternehmenswerten. Nur das Ziel zu beschreiben reicht einfach nicht aus, weil die Schritte zwischen Zieldefinition und Umsetzung nicht klar sind. Deswegen verhallt der Ruf nach Innovation in vielen Organisationen sehr schnell wieder, weil niemand weiß, wie man dem Ruf folgen soll.
Eine Möglichkeit ist es, direkt erfolgreiche Innovatoren kopieren bzw. sich von deren Verhaltensweisen inspirieren zu lassen. Die andere ist eben der bewusste Einsatz von Methoden, Prozessen und Kreativitätstechniken, die die entsprechenden Fertigkeiten ansprechen.

Fragetechniken und Kreativmethoden

Viele der Techniken, mit denen wir arbeiten, haben genau diesen Effekt. Sie bringen nicht nur in der Anwendung Resultate hervor, sondern führen, wenn über längere Zeit genutzt, zu einer Verhaltensänderung. Einfach gemacht wird es dadurch, dass die Methoden ganz klare Arbeitsanweisungen enthalten, an denen man sich orientieren kann. Aus diesem Grund haben wir die verschiedenen Werkzeuge in unserem Buch Denkwerkzeuge der Kreativität und Innovation auch genau in so einer Form beschrieben.
Wer zum Beispiel immer wieder mit der Technik Fragestarter arbeitet, für den wird es ganz natürlich, bei Problemen sofort die Möglichkeit zu sehen, in eine offene, lösungsorientierte Fragestellung zu wechseln. Ähnlich verhält es sich bei vielen der eher analytischen Techniken, durch die man die Fertigkeiten Beobachten und Hinterfragen schulen und verinnerlichen kann.
Bei den „typischen“ Kreativitätstechniken, die über das Brainstorming hinausgehen und mittlerweile sehr verbreitet sind, zeigt sich sehr stark, wie Kreativität auf den Fertigkeiten des Assoziierens und Verknüpfens beruht. Die Ergebnisse von kreativen Prozessen (egal ob natürliche oder systematische), sind immer in irgendeiner Form an bestehendes Wissen und vorhandene Erfahrungen angelehnt. Die Kombination von Bestehendem, das Schaffen von Verbindungen zwischen existieren Lösungen und Ideen, ist eine der wertvollsten Fertigkeiten für die kreative Problemlösung. Kreativitätstechniken wie Erzwungene Verbindungen, Analogien und Fluchtmethode helfen nicht nur dabei, eine größere Anzahl an Ideen zu generieren, sondern entwickeln auch das eigene Bewusstsein für mögliche Verbindungen und Verknüpfungen.

Da wir bei creaffective sowohl bei und für Kunden als auch in eigenem Dienst mit verschiedensten Methoden arbeiten, können wir selbst den oben beschriebenen Effekt bestätigen. Ich kann aus eigener Erfahrung sagen, dass die wiederholte, bewusste Anwendung von Methoden der systematischen Kreativität mit der Zeit dazu führt, dass man auch ganz unbewusst die Prinzipien dahinter einsetzt. Der Weg über Prozesse und Werkzeuge stellt meiner Meinung nach einen der schnellsten Wege dar, wie man seine Fertigkeiten und sein Verhalten fit für Innovation bekommt.