Im Moment habe ich wieder einmal die Ehre, hier in China und Taiwan für
unsere Kunden einige Innovation for Leaders Trainings geben zu dürfen.
In einer der letzten Trainings hat die Gruppe die Frage diskutiert, wie man (als Führungskraft) eine Gruppe zum Beispiel im Rahmen einer Besprechung auf Kreativität einstimmen kann.

Die chinesische Kultur ist zwar in mancher Hinsicht anders als die deutsche, dennoch stehen Menschen in Unternehmen in der deutschen als auch der chinesischen Kultur in diesem Punkt vor ähnlichen Herausforderungen: Wie bekomme ich ein Gruppe in einen kreativen Modus, so dass die Menschen offen für neue und ungewöhnliche Sichtweisen sind und möglichst viele verschiedene Perspektiven suchen und entwickeln?

Sowohl in Deutschland als auch in China jagt in vielen Unternehmen ein Meeting das nächste, ständig werden Menschen unterbrochen und andauernd klingelt das Telefon. In China kommt im Gegensatz zu Deutschland noch hinzu, dass ein Ferngespräch (ein Telefonanruf) ein Nahgespräch (die Menschen vor einem in der Besprechung) übertrumpft und die Leute wie in einem Ameisenhaufen ständig rein und raus rennen. In Deutschland sprechen die Menschen zwar in der Besprechung selten vor anderen am Telefon oder rennen raus, dafür sind viele es aber gewohnt auf ihrem Smartphone herumzuspielen.

Wie kann man vor diesem Hintergrund eine Gruppe schnell auf einen konzentrierten und kreativen Arbeitsmodus einstimmen und das Vertrauen schaffen, das notwendig ist, um ein Thema in einer offenen Atmosphäre zu besprechen und viele Alternativen und Optionen zu entwickeln und zu betrachten?

Vier Schritte für den kreativen Modus

Einige Schritte, die ich in der Moderation von Innovationsworkshops als hilfreich empfunden habe, lassen sich genauso in Problemlöse-Besprechungen im Arbeitsalltag anwenden.

  • Handys auf Flugzeugmodus stellen
    Da es leider in manchen Firmen die Unkultur gibt, seine Aufmerksamkeit in einer Besprechung mehr dem Mobiltelefon zu widmen als den Gesprächspartnern, muss man zuerst die Geräte in den Griff bekommen. In meinem Fall ist das ein expliziter Hinweis und die Bitte, Mobiltelefone bitte nach der Besprechung bzw. in den Pausen zu verwenden. Die Welt wird sich weiter drehen, auch ohne den ständigen Blick auf das Smartphone und die Firma kann man ja immer noch in der nächsten Kaffeepause retten. Während der Besprechung sollte das Gerät lautlos gestellt sein. In China eine große Herausforderung!
  • Erst Optionen entwickeln, dann bewerten
    Mit Gruppen, die damit noch nicht so vertraut sind, ist es aus meiner Sicht sehr hilfreich noch einmal explizit darauf hinzuweisen, dass es im kreativen Prozess zwei Phasen des Denkens gibt, die wir stets von einander trennen. Die Entwicklung von Optionen und die Bewertung von Optionen, auch divergierendes und konvergierendes Denken genannt. Dies bezieht sich nicht lediglich auf die Entwicklung von Ideen, sondern zum Beispiel auch auf die Sammlung von Daten und Fakten zu einer Fragestellung. Dabei erkläre ich auch noch einmal explizit die Grundregeln für jede dieser beiden Arten des Denkens.
    Wen es genauer interessiert, dem empfehle ich eine Artikelserie zum Thema:
    Die Grundprinzipien des kreativen Denkens
    Divergierendes Denken
    Konvergierendes Denken
  • Aufwärmfrage zur Ideenentwicklung
    Wenn eine Gruppe an den Punkt kommt, an dem eine Fragestellung geklärt ist und es nun darum geht Ideen zu entwickeln, kann man eine Aufwärmfrage nutzen, um mit der Gruppe für 1 – 2 Minuten Ideen zu generieren und die Gruppe in den Brainstorming-Modus zu bringen.
    Das besondere dabei ist, dass die Frage selbst nicht ernst gemeint ist und es daher auch keine richtigen oder falschen, korrekten oder blöden Antworten geben kann. Dies kann sehr hilfreich sein, um die Grundregeln der Ideenentwicklung wirklich zu praktizieren und den Ton für Ideenentwicklung zu setzen. Fragen können dabei alle möglichen humorvollen Fragen sein, wie zum Beispiel: Wie lauten alle Möglichkeiten 10.000 alte Autoreifen zu verwenden, die vor unserem Büro abgeladen wurden?
  • Vorleben!
    Im bereits erwähnten Innovation for Leaders Training besonders relevant ist natürlich die Führungskraft, die die Besprechung wahrscheinlich einberuft und oft auch leitet.
    Damit die obigen Schritte funktionieren können, ist es daher zentral, dass diese von der Führungskraft selbst auch wirklich gelebt werden, ansonsten sind diese natürlich Makulatur.

Kreativität zur Gewohnheit werden lassen

Wenn Gruppen in ähnlichen Konstellationen öfter zusammen arbeiten, dann werden sich die obigen Schritte irgendwann hoffentlich so eingeschliffen haben, dass Kreativität eine Gewohnheit der Gruppe geworden ist.
Ein Team eines unserer Kunden hat so zum Beispiel die Aufgabe entwickelt, dass für jede Besprechung eine andere Person dafür zuständig ist, sich eine Aufwärmfrage zur Ideenentwicklung auszudenken. Inzwischen ist dieser Fragenkatalog schon auf über 300 Fragen angewachsen.