Am 30. Juni gab es im Handelsblatt einen ökonomischen Gastkommentar von Sebastian Turner mit Titel „einen Vorsprung erzielt nur, wer sich infrage stellt“. Darin argumentiert Turner, dass „Erfolg und Misserfolg [von Innovation] nicht am Geld [hängen], sondern am Geist: an der Fähigkeit und Bereitschaft, Innovation zu erkennen, wertzuschätzen und erfolgreich zu verwirklichen.“

Innovation wird neben seiner inflationären Verwendung vor allem mit großen Summen in Forschungs- und Entwicklungsprojekte assoziiert. Diese Aspekte spielen sicherlich auch eine Rolle. Turner weist in seinem Artikel darauf hin, dass Innovation zunächst auf einem viel grundlegenderen Level beginnt: Mit der Geisteshaltung oder Einstellung von jedem Einzelnem. Kern dieser Geisteshaltung ist nach Sebastian Turner vor allem das ständige Hinterfragen des Hier und Jetzt. „Das ist nicht nur leicht gesagt, es ist auch erstaunlich leicht getan. Ein jeder kann es an seinem Platz. Es geht nicht um die Neuerfindung der Menschen oder der Organisationen, sondern allein darum, stets und immer darauf zu achten, dass Überholtes infrage gestellt und neue Lösungen gesucht und erprobt werden.“

Leichter gesagt als getan

Ich stimme mit Turner darin überein, dass kleine Veränderungen auf der Ebene der Einstellung bereits sehr viel bewirken. Ich gehe sogar noch einen Schritt weiter zu sagen, dass ohne diese Veränderung der Einstellung andere Einflussfaktoren, um zu mehr Innovation zu gelangen wenig Effekt haben werden. Andere Einflussfaktoren können Kreativitätstechniken und ein systematischer Kreativprozess, aber auch zeitliche und finanzielle Ressourcen sein.

Ich glaube jedoch auch, dass es nicht ganz so einfach ist, diese Einstellung zu verändern und zu leben. Um Denkgewohnheiten, die sich tief in unser Gehirn eingegraben haben zu verändern, braucht es erst einmal ein Bewusstsein dafür, dass diese überhaupt existieren und oft automatisch ablaufen. Außerdem braucht es die Erfahrung, wie es anders gehen könnte und dass diese andere Einstellung und die daraus folgenden Verhaltensweisen einen positiven Effekt haben.
Diese Arbeit an der eigenen Einstellung ist ein zentraler Bestandteil der creaffective Kreativitätstrainings, bevor wir uns Kreativitätstechniken, Kreativprozessen und anderen Einflussfaktoren beschäftigen.

Zwei wichtige Geisteshaltungen fehlen neben der Neugier und dem Hinterfragen noch, um vom Hinterfragen zu einem konkreten Ergebnis und damit irgendwann auch zu einer Innovation zu gelangen.

Den Wert von neuen Ideen suchen

Wenn neue Ideen und Vorschläge kommen, sind diese oft ungewohnt, teilweise unvorstellbar, vielleicht haben wir sogar Angst davor. Jede dieser drei Reaktionen führt dazu, dass wir der Idee eher ablehnend gegenüber stehen (an anderer Stelle habe ich argumentiert, dass unser Gehirn standardmäßig diese Verhaltensweise fördert). Das Dumme ist, dies passiert meist bei neuen Ideen, eben weil sie neu sind. Um Innovation zu ermöglichen ist daher eine zentrale Einstellung nach dem Wert in neuen Vorschlägen zu suchen und nicht nur und vor allem nicht im ersten Schritt sich darauf zu konzentrieren, wo das Problem liegt. Aus meinen Trainings weiß ich, dass dies sehr leicht gesagt und schwer umgesetzt ist.

Verantwortung für die eigene Kreativität übernehmen

Einen zweiten Punkt spricht Turner in seinem Artikel implizit mit an. Es muss nicht immer die große Generalreform sein. Oft fehlt dem Einzelnen dazu die Entscheidungsbefugnis. Dann denkt man sich schnell: Ich würde ja gerne, aber die (wer auch immer) lassen mich einfach nicht. Auch das ist sicherlich richtig, wir alle sind Rahmenbedingungen unterworfen, die uns Grenzen setzen. Dennoch ist jeder selbst verantwortlich etwas zu tun und wenn es nur kleine Veränderungen sind und wenn es der hartnäckige Versuch ist andere von eine Idee, für die man brennt zu begeistern. Die anderen lassen mich nicht heißt jede Verantwortung und auch jede Gestaltungsmöglichkeit aus der Hand zu geben.