Am Samstag, den 14. Juni 2014 organisierten die Friedrich Naumann Stiftung und die Thomas-Dehler-Stiftung ein kurzes Symposium zu Kreativität und Innovation. Die Veranstaltung trug den Titel: „Sind wir noch kreativ?“

Um eine inhaltlich anspruchsvolle Diskussion zu gewährleisten wurde für eine hochkarätige Besetzung gesorgt:

  • Rose Sattari, studierte Betriebswirtin mit dem Schwerpunkt Technologie und Innovation sowie Senior Conceptioneer bei Sky
  • Frau Britta Hundesrügge (FDP)
  • Florian Rustler, Geschäftsführer von creaffective
  • Christopher Koska, IT-Projektleiter bei Bertelsmann und wissenschaftlicher Mitarbeiter am Lehrstuhl für Medienethik an der Hochschule für Philosophie in München
  • Als Moderator wurde Sebastian Steinmayr gewonnen, Geschäftsführer und Chefredakteur von BLR

Trotz der Kürze der Veranstaltung – es waren nur zweieinhalb Stunden geplant – bot die Podiumsdiskussion einige sehr spannende Themen rund um Kreativität und Innovation. Frau Sattari hielt einen Vortrag basierend auf ihrer Diplomarbeit und ihrer Erfahrung bei Sky. Daraufhin folgte eine Diskussion der Teilnehmer, bei der viele Aspekte angeschnitten wurden.

Innovationskultur in Deutschland

Ausgangspunkt und zentrales Thema war eben die Frage, ob wir noch kreativ sind. Wir, das sind wir Deutschen, und die Überlegung war, dass wir wohl einst kreativ waren, es aber vielleicht nicht mehr sind. In diesem Zusammenhang wurde auch angesprochen, inwieweit in Deutschland Kreativität und Innovation überhaupt möglich sind. Es kam der Vergleich auf zwischen (deutscher) Effizienzkultur und (amerikanischer) Innovationskultur. Das Thema ist natürlich heikel, da bei der Frage nach nationalen Innovationskulturen extrem viele Assoziationen geweckt werden. Hier treffen statistische Daten und kulturelle Beobachtungen auf Klischees und Vorurteile. Frau Hundesrügge bot hier eine interessante Perspektive, denn aus ihrer Sicht benötigen kreative Menschen nicht nur Mut, Frustrationstoleranz und Risikobereitschaft, sondern auch Disziplin und Struktur. Eine Sichtweise, die sich mit der von creaffective deckt. Und während Risikobereitschaft eher nicht als klassische deutsche Tugend gewertet wird, passen Disziplin und Struktur schon deutlich eher ins Bild.
Die Frage nach der Effizienz und dem möglichen Konflikt mit Innovationsbestrebungen ist natürlich berechtigt. Wir von creaffective sind in Trainings und Workshops immer aufs Neue darum bemüht, den Teilnehmern die offensichtliche Ineffizienz von Innovationsprozessen zu erklären. Natürlich ist die grundlegende Idee des Wirtschaftens hoher Output bei niedrigen Kosten. Effizienz kann aber nur bei Prozessen gemessen sein, bei denen man den Output von vornherein kennt. Somit sind ergebnisoffene Innovationsprozesse selten effizient, weil man verschiedene Optionen erkunden und Umwege nehmen muss, um am Ziel anzukommen. Somit kann natürlich die enorme Effizienz innerhalb vieler deutscher Unternehmen ein gewisses Hemmnis darstellen, da eine Innovationskultur nach anderen Glaubenssätzen verlangt.

Tagesgeschäft vs. Innovation

Hier tut sich ein weiterer Konflikt auf, der auch in der Podiumsdiskussion ausgiebig beleuchtet wurde: Der Konflikt zwischen Alltagsgeschäft und Kreativität. Im Rahmen ihrer Studien bei einem großen Konzern kam Frau Sattari zu dem Ergebnis, dass die mangelnde Innovationsfähigkeit des Unternehmens unter anderem auf die Priorität des Tagesgeschäfts zurückzuführen ist. Wer kreativ sein möchte braucht zeitliche Ressourcen und Rückzugsräume (z.B. Quiet Rooms, Home Office). Wenn eine Organisation aber all ihre Ressourcen auf das Tagesgeschäft verwendet, bleibt kein Freiraum für Kreativität und Innovation. Im Falle des Konzerns verbringen Mitarbeiter 25% der Zeit in Meetings. Dazu kommen Unterbrechungen, die zwar nur 5% der Zeit beanspruchen, aber sehr häufig stattfinden. Der Wunsch nach Innovation ist dabei natürlich eine Parole der Führungsebenen, man wünscht sich kreative Mitarbeiter. Kommt es aber zum Konflikt zwischen dem Tagesgeschäft – d.h. den operativen Zahlen, den Anforderungen von Chefs und Kollegen, wichtigen Deadlines – dann ziehen Innovationsbemühungen fast immer den Kürzeren. Zeitmanagement und Selbst- sowie Teamorganisation werden damit zu zentralen Themen. Natürlich muss aber auch das Führungs- und Anreizsystem geändert werden, damit sich die Prioritäten der Mitarbeiter verschieben oder überhaupt erst verschieben können. Google-20% ist eine solche Prioritätsverschiebung, wobei man auch hier gelegentlich hört, dass es in vielen Abteilungen eher ein Google-120% ist. Wer am Ergebnis seines Tagesgeschäfts gemessen wird, der opfert keine wertvolle Arbeitszeit, um anderen Tätigkeiten nachzugehen.

Wie misst man Innovation?

Als letzter große Themenkomplex wurde die Messbarkeit von Kreativität und Innovation angesprochen. Herr Steinmayr brachte die Idee des 1-out-of-10 ins Spiel, bei der von zehn möglichen Innovationen am Ende nur eine übrig bleibt und Erfolg hat. Wer bei jeder Aktion 100%-igen Erfolg garantieren möchte, der wird sich mit Innovation schwer tun. Der Erfolg eines neuen Produkts ist nie sicher, weshalb innovative Organisationen auf eine Art Portfolio-Denken setzen. Gemessen und bewertet wird nicht die einzelne Innovation sondern die Gesamtheit aller Innovationen, idealerweise über einen längeren Zeitraum. Die Erfolgsquote gibt an, wie erfolgreich die Bemühungen sind. Ein gutes Beispiel hier sind Venture-Firmen, die Start-Ups immer vor dem Hintergrund ihres Portfolios sehen, wohlwissend, dass 70% der Investitionen komplett verloren gehen werden. Bei solchen Entscheidungs- und Bewertungsprozessen tun sich KMUs häufig leichter, während Konzerne dank dem Quartalsdenken der obersten Führungsebene und letztlich der Aktionäre auf der Strecke bleiben. Andererseits setzt diese Art der Innovationsbemühungen voraus, bis zu den ersten Erfolgen massiv Ressourcen bereitstellen zu können. Je kleiner das Unternehmen, desto eher gerät die Organisation an ihre Belastungsgrenzen.

Wie man sieht wurden auf dem Symposium spannende Themen besprochen und zentrale Elemente einer erfolgreichen Innovationsstrategie besprochen. In den nächsten Wochen und Monaten werden weitere Artikel von uns folgen, die einzelne der Themen aufgreifen und beleuchten.