Im Fokus Nr. 9 vom 25. Februar gab es eine schöne Titelgeschichte zur Illusionsforschung. Anhand optischer Illusionen wurde gezeigt, wie selektiv Wahrnehmung ist und wie einfach wir Dinge anders, verzerrt oder gar nicht wahrnehmen.
Eines der bekanntesten Beispiele in diesem Zusammenhang sind die Gorillaaufnahmen (siehe Bild) von Daniel Simons, die ich auch sehr gerne in meinen Kreativworkshops verwende, um den Wahrnehmungsprozess zu verdeutlichen.

Die Zuschauer werden gebeten, die Ballkontakte der weißen Basketballspieler zu zählen, d.h. ihre Aufmerksamkeit auf diese zu lenken. Während des kurzen Films läuft ein Gorilla durch das Bild. Die meisten der Zuschauer, die wirklich damit beschäftigt sind, die Ballkontakte zu zählen, bemerken den Gorilla nicht und sind beim zweiten Ansehen völlig erstaunt, dass ihnen dieses auffällige Detail entgehen konnte. Gesehen haben sie den Gorilla sicherlich, d.h. er ist in Form optischer Reize zum Sehnerv vorgedrungen. Das Gehirn hat ihn allerdings nicht gesehen, denn im Zuge der Reizfilterung wurde dieses – für die Anzahl der Ballkontakte – unwichtige Detail weggefiltert.

Diese selektive Wahrnehmung läuft jedoch nicht nur bei optischen Eindrücken auf diese Weise ab, sondern auch in unserem Denken! Um einen Aspekt zu bedenken, müssen wir zuerst unsere Aufmerksamkeit auf diese lenken. Ob dies geschieht, hängt wiederum von unserem Interesse, unseren Emotionen und bereits im Gehirn angelegten Denkmustern ab. Diese vorhandenen Denkmuster bezeichnet der im Artikel zitierte Psychologe Kopp-Wichmann als mentale Autopiloten, die sozusagen ohne bewusst zu denken ein Schema abspielen. Diese können dazu führen, dass es auch im Denken häufig zu Gorillasituationen kommt. Wenn wir darauf hingewiesen werden sind wir dann erstaunt, dass uns dieses oder jenes Detail entgangen ist. Es könnte z.B. sein, dass ich mir einen neues Sofa kaufen möchte und das Wohnzimmer genau ausgemessen habe. Bei der Lieferung stelle ich dann entsetzt fest, dass das schöne Teil nicht durch den Flur passt.

Auf Basis des Wissens um Gorillasituationen im Denken haben Menschen wie Edward de Bono und Michael Hewitt-Gleeson kleine Denkhelferlein – Denkwerkzeuge – entwickelt, die einem in bestimmten Situationen helfen können, indem sie die Wahrnehmung bewusst steuern. Je nach Situation (Entscheidungsfindung, Alternativensuche, eine Besprechung) kann der Denker in den Werkzeugkoffer greifen und ein für diese Situation passendes Werkzeug anwenden und so die eine oder andere Gorillasituation vermeiden.

Einige Denkwerkzeuge habe ich auf diesem Blog schon vorgestellt, z.B. TO-LO-PO-SO-GO und die Sechs Hüte.