Edward de Bono beschreibt in seinem – wie ich finde – ganz fantastischen Buch Thinking Course einen Denkclub, bei dem Interessierte zusammen kommen, um Denkwerkzeuge anzuwenden.
Diese Idee fand ich total faszinierend und deshalb habe ich nun einen Denkclub gegründet, der sich am vergangenen Donnerstag zum ersten Mal getroffen hat.

Sinn und Zweck eines Denkclubs

Ein Denkclub stellt einen geschützten Raum dar, in dem Interessierte Denkwerkzeuge ausprobieren, anwenden und üben können. Ziel ist es, in der Anwendung von Denkwerkzeugen sicher und routinierter zu werden und natürlich Spaß zu haben.

Voraussetzungen und Teilnehmer

Gibt es eigentlich keine. Die Teilnehmer sollten lediglich offen sein für eine andere Herangehensweise an Fragestellungen und Probleme und Lust haben, Denkwerkzeuge auszuprobieren und einzusetzen.
DeBono empfiehlt einen Teilnehmerzahl von exakt sechs Leuten, um bestimmte Gruppenarbeiten zu ermöglichen. Wir waren nur zu dritt. Das stellt auch die absolute Mindestteilnehmerzahl dar. Mehr als sechs Leute sollten es auch wieder nicht sein, das sonst die Zeit für einzelnen Teilnehmer zu kurz wird, bzw. die Denksessions sich zu sehr in die Länge ziehen.
Es erleichtert das Ganze, wenn einer der Teilnehmer bereits Erfahrung mit Denkwerkzeugen bzw. wenn alle etwas darüber gelesen haben oder ein Seminar besucht haben.

Ganz grundsätzlich: Was sind Denkwerkzeuge?

Denkwerkzeuge sind Methoden und Vorgehensweisen, die das Denken nach vorgegebenen Regeln und Strukturen in bestimmte Richtungen lenken und somit die Aufmerksamkeit auf bestimmte Aspekte lenken. Wie normale Werkzeuge auch, werden diese für bestimmte Anwendungsbereiche eingesetzt, wenn dies Sinn macht.

Ein Beispiel: In der ersten Sitzung des Denkclubs haben wir PMI geübt. PMI ist ein von Edward DeBono entwickeltes Werkzeug und steht für Plus – Minus – Interesting. Es geht darum, zu einer These/ einem Sachverhalt Aspekte zu den drei Kategorien Plus (positive Aspekte) – Minus (negative Aspekte) und Intersting (offene und interessante Fragestellungen) zu finden. Ziel des PMI ist es, innerhalb von drei Minuten einen Überblick über die drei genannten Aspekte eines Themas zu erhalten, um so zu einer ausgewogeneren Sichtweise zu kommen, bevor eine Entscheidung gefällt wird. Ganz wichtig bei PMI ist, dass positiv und negativ hier nicht im Sinne eines Werturteils also pro und contra verstanden werden darf. Sinn und Zweck von Denkwerkzeugen ist es meistens, den Blick für ein Thema ohne Werturteil erst einmal zu erweitern, statt diese durch ver-/be-urteilen einzuengen.
Die Denkwerkzeuge (im Beraterjargon werden diese auch gerne Frameworks genannt) werden ganz bewusst und gezielt eingesetzt und folgen dabei strengen zeitlichen und inhaltlichen Regeln, die den Anwendern klar symbolisieren, dass gerade ein Werkzeug eingesetzt wird.

Die Agenda der ersten Sitzung

  • Einführung: Motivation, Sinn und Zweck Thinking Club, Verteilung der Rollen
  • Vorstellung: exploratives Denken, paralleles Denken, laterales Denken
  • Einführung Thinking Tools: PMI: Plus, Minus, Interesting
  • Übung 1: (6 Minuten) Jeder sollte einen Anstecker tragen, der seine momentane Laune anzeigt.
  • Übung 2: (6 Minuten) Es wäre nützlich, wenn wir neben unseren normalen Augen auch Augen am Hinterkopf hätten.
  • Übung 3: (6 Minuten) Rauchen sollte grundsätzlich verboten sein und Zigaretten wie harte Drogen eingestuft werden.
    Einzelarbeit (2 Minuten), jeder einen Aspekt (P,M,I)
    Feedback (4 Minuten)
  • Übung 4: (6 Minuten) Steuerzahler sollten entscheiden können, wofür ihre gezahlten Steuern eingesetzt werden.
  • Diskussion (10 Minuten)
    • Was bringt PMI?
    • Wann hilft PMI am meisten?
    • Gefahren beim Einsatz von PMI?
    • Meinung zu den Formalia von PMI? Rollenverteilung, Zeitbeschränkung
    • Die Schwierigkeit des „Interesting“-Teils
  • Übung 5: (6 Minuten) Eine Ehe sollte ein auf fünf Jahre beschränkter aber verlängerbarer Vertrag sein.
  • Brainstorming weitere Übungsthemen für zukünftige Sessions
  • Ausblick Session 2: APC
  • Ausblick weitere Sessions

Rollen der Teilnehmer

Es gibt zwei wichtige Rollen: Den Zeitnehmer, der darauf achtet, dass die Übungszeiten genau eingehalten werden und den Protokollanten, der die Ergebnisse der Denksessions festhält.

Fazit der Diskussion über die erste Sitzung

Nutzen von PMI:

  • Unser Eindruck war, dass der Rundumblick, der durch PMI ermöglicht wird zu einer größeren Klarheit führt. Entscheidungen werden bewusster (was nicht heißt rationaler) gefällt, da ein Thema von unterschiedlichen Aspekten beleuchtet wurde.
  • Besonders positiv war für uns die Interaktion mit anderen, da die Einfälle der anderen, bei jedem selbst wieder weitere Ideen ausgelöst haben und es so leichter war, bestehende Bahnen zu verlassen bzw. in vorhandenen Muster stecken zu bleiben.
  • Eine große Chance bietet PMI unserer Meinung nach bei konfliktbeladenen und emotional aufgeladenen Themen, da hier erst einmal unabhängig von eigenen Werturteilen („das ist gut oder das ist schlecht“) eine ausgeglichenere Betrachtung ermöglicht wird.

Gefahren des PMI:

  • Es könnte zu einer Überrationalisierung kommen bzw. das Bauchgefühl abgewertet werden, da man nicht direkt auf dieses hört, sondern sich so viel Mühe macht, ein Thema von allen Seiten zu betrachten. Allerdings betont DeBono immer wieder, dass es nicht darum geht, einer Entscheidung den emotionalen Aspekt zu nehmen. Gefühle sind äußerst wichtig und man sollte sich nicht einbilden, dass man Entscheidungen rational fällen kann oder dies sollte! (Auch wenn dies immer wieder suggeriert wird, dass rationale Entscheidungen die besseren sind) Allerdings sollten die Gefühle nicht am Anfang eines Entscheidungsprozesses stehen, da sie so den Blickwinkel sofort einengen, sondern am Ende ins Spiel kommen.
  • Impulsivität und Spontaneität gehen zurück, da man dem Impuls (diese reduzierte Handtasche kaufe ich mir jetzt!) nicht sofort nachgibt (-> schlecht für die Handtaschenverkäufer :-)).

Die Bedeutung der Formalia:
Die „strengen“ Regeln (eine Minute pro Aspekt, ein hin- und herspringen zwischen den Aspekten) sind wichtig! Sie signalisieren uns, dass wir nun für eine begrenzte Zeit in einen anderen Denkmodus umschalten. Ohne diese Regeln würde das ganze schnell wieder beliebig und die Gefahr, dass wir wieder in den meist normalen Diskussionsmodus zurückfallen, wäre sehr hoch.

Änderung der Wahrnehmung
Es war sehr spannend zu sehen, wie sich nur dadurch, dass man PMI auf ein Thema anwendet, die Wahrnehmung plötzlich verändert und damit auch die Handlungsentscheidung am Ende anders ausfällt. Einfach dadurch, dass man einmal bewusst die drei Aspekte wirklich durchdenkt entstehen plötzlich neue Verbindungen, die die bisherige Meinung drehen können.

Fazit

Uns dreien hat es viel Spaß gemacht und wir werden uns nun alle zwei Wochen treffen, um verschieden Tools zu üben und zu testen. Nur durch regelmäßiges Üben und der damit verbundenen Sicherheit, wird es möglich sein, diese Werkzeuge in den Alltag mitzunehmen und diese auch sinnvoll und richtig anzuwenden.