Am 30. Oktober 2014 veröffentlichte Alexander Osterwalder sein Buch Value Proposition Design. Die meisten kennen vermutlich sein erstes Buch Business Model Generation, auf dem er nun aufbaut. Grund hierfür ist, dass Osterwalder vermutlich erkannt hat, wie schwer sich Unternehmer und Gründer damit tun Produkte und Dienstleistungen zu entwickeln, die tatsächlich nachgefragt werden. Als einer der wenigen Autoren spricht er daher zwei fundamentale Wahrheiten aus:

  1. To create value for your business, you need to create value for your customer.
  2. To sustainably create value for your customer, you need to create value for your business.

Das bedeutet im Klartext: Um ein Unternehmen erfolgreich zu machen, muss es einen Nutzen für seine Kunden schaffen. Damit dieser Nutzen nachhaltig ist, muss das Unternehmen Profit erwirtschaften. Der Profit ist also kein Selbstzweck, sondern erhält und verbessert den Kundennutzen. Damit Unternehmen einen echten Kundennutzen generieren können, hat er den Value Proposition Canvas erstellt (siehe hier). Dieser ist in seiner Einfachheit tatsächlich ein vielversprechendes Instrument hierfür. Dabei nutzt er die sogenannte Value Map und das Kundenprofil:
Die Value Map besteht aus:

  • Einer Liste von Produkten und Dienstleistungen des Unternehmens
  • Schmerzstiller: Die Art und Weise auf welche die Produkte und Dienstleistungen die Schmerzen (Probleme) von Kunden stillt.
  • Nutzenstifter: Die Art und Weise auf welche die Produkte und Dienstleistungen dem Kunden nützlich sind.

Das Kundenprofil besteht aus:

  • Kundenaufgaben: Diese beschreiben was der Kunde erreichen möchte (in seinen eigenen Worten).
  • Schmerzen: Beschreibt die negativen, unangenehmen Ergebnisse im Zusammenhang mit den Kundenaufgaben.
  • Nutzen: Beschreibt das gewünschte Resultat des Kunden in Zusammenhang mit den Kundenaufgaben.

Besteht bereits ein Produkt oder eine Dienstleistung, setzt man auf das Push-Verfahren. Das bedeutet, dass man mit der Value Map anfängt und versucht das passende Kundenprofil zu erstellen. Das Pull-Verfahren nutzt man, wenn man ein bestimmtes Kundenprofil hat und eine Lösung für die Kundenaufgabe erarbeiten möchte. Hierzu zwei Beispiele.

Das Pull-Verfahren

Ich habe aktuell das Problem, dass ich meine E-Mails mit meiner Aufgabenliste verschmelzen möchte. Ich bin nämlich GTD-Anwender, nutze eine To-Do-Liste und natürlich arbeite ich auch mit E-Mails. Nun habe ich aber erkannt, dass viele meiner E-Mails letztlich nicht anderes sind als Aufgaben. Wie lassen sich diese zwei Anwendungen also sinnvoll zu einem GTD-fähigen System verschmelzen? Die Lösung hierfür lässt sich auf der Value Map erarbeiten.

Das Push-Verfahren

Febreze (ja, das Anti-Geruch-Spray) dagegen, war ein Produkt, dass für viel Geld von Proctor & Gamble erschaffen wurde, aber anfangs keinen Erfolg hatte. Es war ursprünglich eine geruchslose, durchsichtige Flüssigkeit, die schlechte Gerüche entfernen konnte und hatte somit eigentlich einen recht klar definierten Sinn & Zweck.
Trotzdem musste ein Professor von Harvard angeheuert werden, um ein Kundenprofil zu erstellen an dem man das Marketing ausrichten konnte. Dieser Professor (meines Wissens Gerald Zaltmann) nutzte insbesondere die Aussage einer Hausfrau hierfür. Diese sprühte nämlich einen Teppich nach dem reinigen mit Febreze ein und erklärte, dass sie damit sozusagen zelebrierte, dass sie mit dem Reinigen fertig war.
Hieraus entwickelte Proctor & Gamble eine Werbekampagne, die zeigte wie Hausfrauen das Putzen / Reinigen mit Febreze abschlossen und somit „feierten“. Denn das war die Kundenaufgabe: Es zu feiern, wenn man fertig ist. Der Urpsrüngliche Zweck (Geruchsentfernung) wurde durch mehr Kontext zum Schmerzstiller: Keine festsitzenden, schlechten Gerüche mehr nach dem Putzen / Reinigen. Durch das hinzufügen eines Eigengeruchs von Febreze, kreierte Proctor & Gamble auch einen Nutzen: Schlechte Gerüche wurden nicht nur entfernt, sondern auch noch durch einen GUTEN Geruch ersetzt. Außerdem wurde Febreze dadurch in die Routine des Putzens / Reinigens integriert, was mit Sicherheit auch einen großen Teil zum Erfolg beigetragen hat.

Zusammenfassung

In ihrer Gesamtheit betrachtet bin ich der Ansicht, dass diese beiden Instrumente durchaus sehr hilfreich sein können und auf jeden Fall ihren Platz am Schreibtisch verdient haben. Trotzdem verbleibt auch ein Rest Kritik. Mir stößt sauer auf, dass Osterwalder vorschlägt, die eigene Lösung anhand eines Strategy Canvas (vom Buch Der Blaue Ozean als Strategie) mit der von potenziellen Konkurrenten zu vergleichen und anhand eines Punktesystems zu bewerten. Wer bestimmt denn  welche Aspekte bewertet werden soll? Anhand welcher Kriterien soll eine Punktezahl vergeben werden? Wie werden diese Kriterien gemessen? Die Nützlichkeit dieses Tools ist meines Erachtens mehr als fragwürdig.
Trotzdem spreche ich eine klare Kaufempfehlung für das Buch aus. Sowohl die Value Map als auch das Kundenprofil sind hilfreiche Instrumente, um die Kundensicht im Fokus zu behalten und tragen zu einem strukturiertem Vorgehen bei. Was man aber unbedingt mitbringen sollte: Geduld. Neue Geschäftsmodelle entstehen eher selten über Nacht. Die Arbeit am Value Proposition Design und Business Model Canvas erfordert auch bei weniger Detailgenauigkeit einiges an Zeit.